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Die Uhren zeigen eine neue Zeit an, die Tage erreichen bald ihr Höchstmaß an Dunkelheit und was liegt da näher, als die trübe Stimmung mit ein wenig Kunst aufzuhellen? Je schlechter das Wetter, desto besser lässt es sich in Berlin Kunst erleben. Grund genug, die wichtigsten Termine des Novembers ins Gedächtnis zu rufen:
»Berlin Off/On Wall«, © Wieland Speck
Berlin Off/On Wall
Du kannst es vielleicht nicht mehr hören: Der Tag des Mauerfalls jährt sich wieder einmal. Die Medien haben sich mittlerweile schon voll darauf eingestellt, oftmals zum Leidwesen der genervten Leute. Immer wieder dasselbe, ja, aber es gibt dennoch Neues.
Kunst in der DDR ist ja so eine Sache, wie ich finde recht interessant, aber doch recht einseitig (zumindest was die staatlich geduldete und geförderte Kunst angeht). Da passt es doch gut zum diesjährigen Jubiläum, auf unbequeme und regimekritische Kunst einzugehen.
Dachten sich wohl auch Wieland Speck sowie die Kuratoren von Exile Berlin, denn gezeigt wird eine künstlerische Komposition aus Video- und Fotomaterialien, die die Performance des Berliner Malers Per Lüke zeigen. Dieser erklomm 1978 die Mauer, um dann auf seiner Harfe zu spielen — alles akribisch beobachtet und gefilmt von den Grenzsoldaten sowie von Passanten und Geheimdienstmitarbeitern beider Seiten. Im Zentrum stehen die Originalvideoaufnahmen, Speck hat zudem in alten (Stasi-)Unterlagen Fotos und Dokumentationen gefunden, die das Geschehen aus einem anderen Blickwinkel betrachten.
Specks Arbeit besteht nun darin, die vorliegenden Materialien in einen Kontext zu bringen, der er es erlaubt, über das Leben an der Mauer nachzudenken. Darüber zu sinnieren, inwieweit die beiden Staaten sich in gegenseitigen Observationen verloren und was ein harmloser Grenzgänger wie Lüke für einen absurd riesig wirkenden Apparat an weiteren Beobachtungen und Investigationen auf sich lenken kann.
Berlin Off/On Wall
5. November — 5. Dezember, Do-So 12–18 Uhr
Vernissage morgen, 4. November, 19–22 Uhr
Exile Berlin
Alexandrinenstraße 4, 10969 Berlin
(via)
Stephen Tompkins — Frischfleisch
Sozialkritik kommt nie wirklich aus der Mode. Derzeit sind es ja die Banker, die Spekulanten, die Börse und überhaupt wie immer das ganze System, welche am Pranger stehen. In einschlägigen Talkshows sowie in der allgemeinen Tagespresse sind regelmäßige Enthüllungen und Diskussionen rund um die Finanzkrise ein Publikumsgarant geworden. Auch die Kunstwelt hat sich schnell dieses Themas angenommen, leider jedoch nicht immer ohne die übliche Plattitüde, die von der Boulevardpresse so beispielhaft polemisiert wird.
Ob Stephen Tompkins‹ Performance für Intoxicated Demons auch darunter fällt, mag eine Streitfrage sein. Eine feine Abwechslung dürfte es dennoch werden, denn Tompkins hat angekündigt, in den Straßen Berlins seine »Animation Tour« zu starten, für die er die klassischen, bisweilen vielleicht auch klischeehaft aufgebauschten Schauorte der gegenwärtigen Finanzkrise aufsuchen und sie mithilfe eines Beamers mit seinem neues Video »Frischfleisch« zu brandmarken. Das alles soll zum Zeichen der Gier geschehen, später werden das ganze Spektakel sowie ein paar neue Arbeiten des amerikanischen Zeichners bei Intoxicated Demons zu sehen sein.
Noch sind keine Details zu der Animation Tour bekannt, die sollen aber wohl in den kommenden Tagen folgen, schließlich geht es ja schon am 5. November um 18 Uhr los. Die Vernissage der zugehörigen Ausstellung folgt tags darauf — man halte sich für weitere Infos an die beiden verlinkten Quellen. Wie lange die Ausstellung dauert: liegt ebenfalls im Dunkeln.
Stephen Tompkins — Frischfleisch
Vernissage 6. November, 19 Uhr
Intoxicated Demons
Schliemannstraße 12, 10437 Berlin

Berliner Kunstsupermarkt
Wer schon ein wenig länger bei Castor und Pollux mitliest, erinnert sich womöglich an den nun schon mehr als einen halben Jahr alten Artikel zur Kunst an den eigenen vier Wänden. Damals habe ich auch das Konzept der mittlerweile in schöner Regelmäßigkeit stattfindenden Kunstsupermärkte vorgestellt: Eine Vielzahl junger Künstler sendet dem Veranstalter ihre Werke, zumeist Gemälde und Fotografien, welche dann von einer Jury beurteilt werden um dann im Winter zu Festpreisen zwischen 50 und 299 € verkauft werden. Wer bisher gescheut hat, viel Geld für einen ansprechenden Wandbehang aufzuwenden, findet beim Kunstsupermarkt sicherlich ein Stück, das nicht nur preislich ganz nach seinem Geschmack sein dürfte.
Dieses Jahr beginnt der 9. Berliner Kunstsupermarkt am 13. November im Quartier 205. Über die Dauer der Veranstaltung ist bisher nichts bekannt, es ist jedoch in jedem Falle empfehlenswert, möglichst in den ersten Tagen vorbeizuschauen.
Berliner Kunstsupermarkt
ab 13. November, 13 Uhr
Quartier 205, Untergeschoß
Friedrichstraße 67–70, 10117 Berlin

Hardly Anything
Die mir bisher unbekannte Galerie upstairs berlin hat meine Aufmerksamkeit durch eine vielversprechende Gruppenausstellung auf sich gezogen. Zwar bin ich kein großer Freund spärlich ausfallenden und bildarmen Pressemitteilungen, im vorliegenden Fall kann aber getrost darüber hinweg gesehen werden, denn das Thema selbst lässt hohe Erwartungen zu.
In der bis Januar andauernden Ausstellungen soll die Leerstelle, das bewusste Auslassen von Informationen, im Mittelpunkt des Interesses stehen. Laut Presseinformation geht es der Kuratorin vorrangig um das »Synonym des Innehaltens, der Konzentration und des Neuanfangs«, wofür auch gleich einige Beispiele genannt werden. Was man aber (hoffentlich) auch daran erforschen können wird, ist die Leerstelle als Platzhalter für ausgelöschte, verheimlichte und noch zu bestimmende Informationen, die — intendiert durch den Künstler oder durch eigene Vorstellungen — ergänzt werden müssen. Je nach Betrachtungsweise kann so tatsächlich ein Neuanfang erschlossen oder den Hintergründen einer zensierten Wirklichkeit auf die Spur gegangen werden.
Man kann natürlich auch einfach dem Gedanken der Ausstellung folgen. Hardly anything is possible.
Hardly Anything
7. November — 16. Januar, Mi-Sa 11–18 Uhr
Vernissage 6. November, 18–20 Uhr
upstairs berlin
Zimmerstraße 90/91, 10117 Berlin
Ich füge noch hinzu:
Am Martin-Gropius-Bau läuft ab dem 5.November eine Ausstellung über islamische Kunst. Nicht verpassen 😀
Katharina
Ah, genau, danke dir, da hab ich schon von gehört. Die Namen der Künstler kannte ich alle nicht, aber soweit ich gehört habe, geht es dabei (auch) um das islamische Gebot, keine Gesichter darstellen zu dürfen. Wär interessant, wie das Problem aufgearbeitet wurde. Danke für den Tip! Gehst du hin?