Ohne Titel (aus »Post mortem«), © Patrik Budenz
Es gibt Dinge, Orte, Themen im Leben, die wegen ihrer teils unangenehmen, teils befremdlichen Natur verdrängt und ignoriert werden. Dies betrifft insbesondere alles, was mit dem Sterben oder dem Tod zu tun hat — es erinnert uns an unser eigenes Schicksal und es scheint, nur durch die Verdrängung einer Auseinandersetzung vermöge man sich wieder auf das Hier und Jetzt besinnen zu können. Dieser Gedanke ist allerdings nicht zu Ende gedacht, denn das künstliche Ausgrenzen dieses Themas hüllt es gleichzeitig in einen dunklen Schleier der Unwissenheit.
Durch meine Zivildienstzeit auf einer Palliativstation und die Möglichkeit des Studiums, ein Praktikum in den universitären und städtischen gerichtsmedizinischen Instituten Berlins zu absolvieren, habe ich mittlerweile einen anderen Blick auf das Thema gewonnen. Der Tod gehört letztlich zum Leben dazu und wie tragisch und dramatisch er auch kommen mag, oftmals lässt sich im Detail eine gewisse Ästhetik, im unmenschlich anmutenden eine ganz natürliche Note erkennen.
Dann stolperte ich kürzlich über einige der Arbeiten des Berliner Fotografen Patrik Budenz, der eben diese subtilen Momente einfängt. Mein Interesse war spätestens dann geweckt, als ich die Mitarbeiter, die Räume und das Inventar des Berliner Landesinstituts für Rechtsmedizin wiedererkannte, denn für Budenz wurde offensichtlich die große Ausnahme gemacht, dass er in dieser streng vertraulichen und sensiblen Atmosphäre seine Fotos anfertigen durfte. Was folgt, ist eine erstaunlich realistische Darstellung dessen, was Rechtsmedizinern und Bestattern ein alltägliches Bild bietet — sensiblen Personen möchte ich trotz des schonungslosen Umgangs den Rest des Artikels anempfehlen.
Ohne Titel (aus »Post mortem«), © Patrik Budenz
Budenz hat eine kurze, dafür umso erfolgreichere Schaffensgeschichte: Absolvierte er erst dieses Jahr sein Studium an der Neuen Schule für Fotografie Berlin, gewann er schon kurz darauf für seine Abschlussarbeit »Post mortem« den New York Photo Award. Zuvor beschäftigte er sich mit anderen, weniger sensiblen Themen, doch als er seine erste Serie zum Thema Tod, »Search for evidence«, vorstellte, war der Durchbruch gelungen.
Da ist etwa das Foto einer jungen Frau, deren Brustkorb bereits eröffnet und die Organe entnommen sind. Man kann ihr nicht ins Gesicht schauen, doch die Perspektive mit geringer Schärfentiefe verschafft den Eindruck, sie schliefe friedlich und die Situation sei die alltäglichste und natürlichste, die man sich vorstellen kann. Dann ist da aber noch die Konfrontation mit dem verfrühten Tod. Während meines Praktikums sah ich nur Leichen alter, kranker oder schlichtweg verwahrloster Personen. Da ist das Einhalten einer psychohygienisch sinnvollen Distanz nicht sonderlich schwierig, doch wie verhält es sich, wenn der Mensch dort auf dem Tisch ein Kommilitone, ein Freund, ja sogar der eigene Partner sein könnte? Diese Leiche da ist weder alt, noch abschreckend, quasi aus dem Leben gegriffen. Wo, wenn nicht hier ist die Ästhetik des Todes besser dargestellt?
Budenz fokussiert in seinen Fotos jedoch nicht nur die feinen und friedlichen Konnotationen des Todes, er geht auch ganz offen und vorurteilslos mit dem Arbeitsalltag jener um, die sich beruflich mit dieser gesellschaftlich verdrängten Materie beschäftigen. Insbesondere die Serie »Search for evidence« begleitet Rechtsmediziner und Präparatoren durch ihren Tag vom Fundort bis zum Kühlraum. Daher sind seine Arbeiten nicht nur vom künstlerischen Standpunkt aus überaus sehenswert.
Wer sich noch schnell selbst ein Bild davon machen möchte, kann nur noch heute im Rahmen der Absolventenausstellung der Neuen Schule für Fotografie Berlin, der OPEN in der Spandauer Straße 2, 10178 Berlin, bis 21:00 Uhr die Gelegenheit nutzen. Kommende Ausstellungen Budenz‹ Fotos sind noch nicht angekündigt, dürften aber nicht lange auf sich warten lassen.
wahnsinnsbilder!!!! die muss ich dir klauen, das geht gar nicht anders!
hoffe wir sehen uns bald!
lg
maria
Grandios, oder?
Ja, es gibt so viele Dinge, die wir noch unbedingt unternehmen müssen! Das fängt beim Bunker an und hört beim Besuch in der Anatomie auf… Aber alles zu seiner Zeit, konzentrier dich erstmal aufs Schreiben, gönn dir danach Ruhe und dann können wir durch die Straßen ziehen! 🙂