»Storm Room«, © Janet Cardiff und George Bures Miller
Wenn es regnet, gewittert und stürmt, dann stehe ich gern am Fenster und genieße das Schauspiel. Es ist eine friedliche Stimmung, alles ist so still, nur der Regen plätschert murmelnd vor sich hin und gelegentlich durchreißt ein fernes Donnergrollen die Ruhe.
Ähnliches geschieht in einem Video aus dem fernen Japan. Zwei junge Frauen betreten eine verlassene Zahnarztpraxis nahe der Stadt Tokomachi. Draußen ergießen sich die Wolken, man kann kaum aus den Fenstern schauen, so viel Wasser rinnt die Fenster entlang. Blitze erhellen den Raum, gelegentlich flackert die alte Neonröhre, Eimer fangen Wassertropfen auf.
Doch der Schein trügt. Weder regnet es, noch grollt ein Gewitter über der Stadt. Die alte Zahnarztpraxis ist Schauplatz der Sound- und Lichtinstallation »Storm Room« des Künstlerduos Janet Cardiff und George Bures Miller.
Ganz zehn Minuten dauert die täuschend echt wirkende Simulation. Zu Beginn naht der Sturm heran, noch bleibt die Erde trocken. Bald setzt auch der vermeintliche Regen ein, das Plätschern wird immer lauter, künstliche Blitze durchzucken den Himmel und so schnell wie der Schauer kam, ist er auch wieder verschwunden. Man hört ein leises Husten von nebenan — und schon fängt die Simulation von vorn an.
Janet Cardiff und George Bures Miller haben für »Storm Room« wieder einmal tief in die Trickkiste gegriffen und diese täuschend echte Atmosphäre mit lediglich acht versteckten Surround-Lautsprechern sowie zwei weiteren Subwoofern sowie einem Computer erschaffen, der das Wasser, die Blitze, das Neonlicht sowie die Windanlage steuert. Für den Anwesenden entsteht so das Erlebnis eines echten Gewitters — gemessen an der Reaktion der beiden Damen im Video wohl mit beachtlicher Authentizität.
»Storm Room«, © Janet Cardiff und George Bures Miller
Schon mit ihrer Soundinstallation »The murder of crows«, die im vergangenen Jahr im Hamburger Bahnhof zu sehen war, hat das kanadische Künstlerduo ihr Können unter Beweis gestellt und eine täuschend echte Atmosphäre aufgebaut. Mit »Storm Room« gehen sie noch einen Schritt weiter, indem sie Illusion und Wirklichkeit vollends verschwimmen lassen. Würde die Installation nicht alle zehn Minuten wieder von vorn beginnen, man könnte wohl die Täuschung nicht erkennen.
Wie einfach scheint es zu sein, einen Menschen eine Illusion aufzutischen? Durch ein wenig Wasser, Licht und die passende Geräuschkulisse hat der Betrachter schon sein Urteil gefällt und erlebt den vermeintlichen Sturm wie ein echtes Pendant — ungeachtet dessen, wie das Wetter vor Betreten des alten Hauses war. »Storm Room« zeigt gut, auf welchen einfachen Wegen sich unsere hochkomplexe Wahrnehmung befindet.
Die Licht- und Soundinstallation der Künstler stellte auf einem der größten Kunstfestivals, der Echigo-Tsumari Art Triennale 2009, — wie ich finde — zurecht eines der Highlights dar. Ein Wermutstropfen bleibt dennoch: Wer sich von »Storm Room« einmal selbst hinters Licht führen lassen will, der muss schon den Weg ins ferne Japan auf sich nehmen.