Storm Room

26. Januar 2010 von Matthias Planitzer
"Storm Room", © Janet Cardiff und George Bures Miller Wenn es regnet, gewittert und stürmt, dann stehe ich gern am Fenster und genieße das Schauspiel. Es ist eine friedliche Stimmung, alles ist so still, nur der Regen plätschert murmelnd vor sich hin und gelegentlich durchreißt ein fernes Donnergrollen die Ruhe. Ähnliches geschieht in einem Video aus dem fernen Japan. Zwei junge Frauen betreten eine verlassene Zahnarztpraxis nahe der Stadt Tokomachi. Draußen ergießen sich die Wolken, man kann kaum aus den Fenstern schauen, so viel Wasser rinnt die Fenster entlang. Blitze erhellen den Raum, gelegentlich flackert die alte Neonröhre, Eimer fangen Wassertropfen auf. Doch der Schein trügt. Weder regnet es, noch grollt ein Gewitter über der Stadt. Die alte Zahnarztpraxis ist Schauplatz der Sound- und Lichtinstallation "Storm Room" des Künstlerduos Janet Cardiff und George Bures Miller.

Janet Cardiff und George Bures Miller: Storm Room»Storm Room«, © Janet Car­diff und Geor­ge Bures Miller

Wenn es reg­net, gewit­tert und stürmt, dann ste­he ich gern am Fens­ter und genie­ße das Schau­spiel. Es ist eine fried­li­che Stim­mung, alles ist so still, nur der Regen plät­schert mur­melnd vor sich hin und gele­gent­lich durch­reißt ein fer­nes Don­ner­grol­len die Ruhe.

Ähn­li­ches geschieht in einem Video aus dem fer­nen Japan. Zwei jun­ge Frau­en betre­ten eine ver­las­se­ne Zahn­arzt­pra­xis nahe der Stadt Toko­ma­chi. Drau­ßen ergie­ßen sich die Wol­ken, man kann kaum aus den Fens­tern schau­en, so viel Was­ser rinnt die Fens­ter ent­lang. Blit­ze erhel­len den Raum, gele­gent­lich fla­ckert die alte Neon­röh­re, Eimer fan­gen Was­ser­trop­fen auf.

Doch der Schein trügt. Weder reg­net es, noch grollt ein Gewit­ter über der Stadt. Die alte Zahn­arzt­pra­xis ist Schau­platz der Sound- und Licht­in­stal­la­ti­on »Storm Room« des Künst­ler­du­os Janet Car­diff und Geor­ge Bures Mil­ler.

Ganz zehn Minu­ten dau­ert die täu­schend echt wir­ken­de Simu­la­ti­on. Zu Beginn naht der Sturm her­an, noch bleibt die Erde tro­cken. Bald setzt auch der ver­meint­li­che Regen ein, das Plät­schern wird immer lau­ter, künst­li­che Blit­ze durch­zu­cken den Him­mel und so schnell wie der Schau­er kam, ist er auch wie­der ver­schwun­den. Man hört ein lei­ses Hus­ten von neben­an — und schon fängt die Simu­la­ti­on von vorn an.

Janet Car­diff und Geor­ge Bures Mil­ler haben für »Storm Room« wie­der ein­mal tief in die Trick­kis­te gegrif­fen und die­se täu­schend ech­te Atmo­sphä­re mit ledig­lich acht ver­steck­ten Sur­round-Laut­spre­chern sowie zwei wei­te­ren Sub­woo­fern sowie einem Com­pu­ter erschaf­fen, der das Was­ser, die Blit­ze, das Neon­licht sowie die Wind­an­la­ge steu­ert. Für den Anwe­sen­den ent­steht so das Erleb­nis eines ech­ten Gewit­ters — gemes­sen an der Reak­ti­on der bei­den Damen im Video wohl mit beacht­li­cher Authentizität.

Janet Cardiff und George Bures Miller: Storm Room»Storm Room«, © Janet Car­diff und Geor­ge Bures Miller

Schon mit ihrer Sound­in­stal­la­ti­on »The mur­der of crows«, die im ver­gan­ge­nen Jahr im Ham­bur­ger Bahn­hof zu sehen war, hat das kana­di­sche Künst­ler­duo ihr Kön­nen unter Beweis gestellt und eine täu­schend ech­te Atmo­sphä­re auf­ge­baut. Mit »Storm Room« gehen sie noch einen Schritt wei­ter, indem sie Illu­si­on und Wirk­lich­keit voll­ends ver­schwim­men las­sen. Wür­de die Instal­la­ti­on nicht alle zehn Minu­ten wie­der von vorn begin­nen, man könn­te wohl die Täu­schung nicht erkennen.

Wie ein­fach scheint es zu sein, einen Men­schen eine Illu­si­on auf­zu­ti­schen? Durch ein wenig Was­ser, Licht und die pas­sen­de Geräusch­ku­lis­se hat der Betrach­ter schon sein Urteil gefällt und erlebt den ver­meint­li­chen Sturm wie ein ech­tes Pen­dant — unge­ach­tet des­sen, wie das Wet­ter vor Betre­ten des alten Hau­ses war. »Storm Room« zeigt gut, auf wel­chen ein­fa­chen Wegen sich unse­re hoch­kom­ple­xe Wahr­neh­mung befindet.

 

Die Licht- und Sound­in­stal­la­ti­on der Künst­ler stell­te auf einem der größ­ten Kunst­fes­ti­vals, der Echi­go-Tsuma­ri Art Tri­en­na­le 2009, — wie ich fin­de — zurecht eines der High­lights dar. Ein Wer­muts­trop­fen bleibt den­noch: Wer sich von »Storm Room« ein­mal selbst hin­ters Licht füh­ren las­sen will, der muss schon den Weg ins fer­ne Japan auf sich nehmen.