»Lost«, © Berlinde de Bruyckere
Die häufig bizarr und befremdlich anmutenden Skulpturen und Installationen der Belgierin Berlinde de Bruyckere erschließen sich selten auf den ersten Blick. War sie Anfang der 90er Jahre v.a. noch für ihre in Wolldecken eingehüllten Figuren bekannt, die gleichsam Geborgenheit und Ersticken zum Ausdruck brachten; so konzentrierte sie sich die letzten Jahre auf ihre oftmals kopflosen menschlichen oder Pferde-Skulpturen. Was beim ersten Anblick entstellt erscheinen mag, offenbart beim näheren Betrachten jene klassischen Themen, die seit jeher künstlerisches Schaffen antreiben.
(Titel unbekannt), © Berlinde de Bruyckere
Unter den Skulpturen befindet sich auch eine Figur in Denkerpose, gleichsam kopflos, was laut de Bruyckere davon abhalten soll, sich bei der Auseinandersetzung mit dem Werk am Gesicht aufzuhalten und dabei über den Körper hinwegzusehen. Was zunächst auffällt, ist, dass sich der Rücken der gebrechlich wirkenden Figur unter zwei Wirbelsäulen krümmt, aber trotzdem unter einer Last zu zerbrechen droht, der er nicht gewachsen zu sein scheint. Es hat den Anschein, diese Person leide Schmerzen oder kauere sich vor Angst zusammen.
Andere Figuren wiederum, wie etwa eine ihrer Piëtas, erzählen von Liebe und Geborgenheit, Trauer und Schmerz; wieder andere, so etwa »In Flanders Fields« von Krieg und Tod. De Bruyckere erfindet ihre Kunst immer wieder aufs Neue, beim genauen Hinschauen meint man sogar, eine Arbeit habe zur nächsten geführt. Denn obwohl de Bruyckeres einzigartiger Stil in all ihren Werken hervorsticht, schafft sie es doch immer wieder, neue Themen mit einzuflechten.
Im April werden bei Hauser & Wirth in London ihre neusten Werke vorgestellt, die als »Antwort auf die Gemälde des italienischen Meisters des 17. Jahrhunderts, Luca Giordano« verstanden werden sollen. Bis zur Eröffnung am 3. April und der Veröffentlichung erster Pressefotos ist es also noch ein wenig hin, aber bis dahin möchte ich jedem ein Interview mit Berlinde de Bruyckere aus dem vergangenen Jahr plus Fotos ihrer letzten Arbeiten ans Herz legen.