Wuchernd, raumgreifend, infiltrativ

07. November 2009 von Matthias Planitzer
"Parasite #17", © Dennis Feddersen Der geneigte Leser hat möglicherweise schon festgestellt, dass mein besonderes Faible für Installationen sich auch in diesem Blog widerspiegelt. Ihre vielfältigen Interaktionen mit Raum, Ort und Zeit lassen ein breites Spektrum an künstlerischen Möglichkeiten zu: Der Raum will erobert, er will beherrscht werden. Und mit ihm der Betrachter. Vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet haben Räume einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf unser Befinden: In einer weitläufigen Halle fühlen wir uns frei, klein, mitunter verloren; Jennifer Alloras und Guillermo Calzadillas Werk "Compass", für das sie die Decke der Temporären Kunsthalle knapp über den Köpfen der Besucher gespannt haben, vermag einen buchstäblichen Druck auszuüben und Beklemmungen auszulösen und wer schon einmal durch die Edisonstraße in Oberschöneweide gefahren ist, wird wissen, was ein wahrer Tunnelblick ist. Daher freut es mich jedes Mal umso mehr, Installationen aufgespürt zu haben und zu erleben, die bis ins letzte Detail so konsequent ausgearbeitet sind, die derart eindrücklich mit ihrem Raum agieren, dass die pure Emotion überspringt. Das kann man wohl auch guten Gewissens von den Arbeiten des Berliners Dennis Feddersen behaupten, der in seinen Werken viel Übung beweist. Seine verblüffend lebendig wirkenden Installationen erobern den Raum und scheinen unaufhörlich zu wachsen, zu wuchern und letztlich den Raum ganz einzunehmen.

Dennis Feddersen: Parasite #17»Para­si­te #17«, © Den­nis Feddersen

Der geneig­te Leser hat mög­li­cher­wei­se schon fest­ge­stellt, dass mein beson­de­res Fai­ble für Instal­la­tio­nen sich auch in die­sem Blog wider­spie­gelt. Ihre viel­fäl­ti­gen Inter­ak­tio­nen mit Raum, Ort und Zeit las­sen ein brei­tes Spek­trum an künst­le­ri­schen Mög­lich­kei­ten zu: Der Raum will erobert, er will beherrscht wer­den. Und mit ihm der Betrach­ter. Vom psy­cho­lo­gi­schen Stand­punkt aus betrach­tet haben Räu­me einen nicht zu unter­schät­zen­den Ein­fluss auf unser Befin­den: In einer weit­läu­fi­gen Hal­le füh­len wir uns frei, klein, mit­un­ter ver­lo­ren; Jen­ni­fer All­o­ras und Guil­ler­mo Calz­adil­las Werk »Com­pass«, für das sie die Decke der Tem­po­rä­ren Kunst­hal­le knapp über den Köp­fen der Besu­cher gespannt haben, ver­mag einen buch­stäb­li­chen Druck aus­zu­üben und Beklem­mun­gen aus­zu­lö­sen und wer schon ein­mal durch die Edi­son­stra­ße in Ober­schö­ne­wei­de gefah­ren ist, wird wis­sen, was ein wah­rer Tun­nel­blick ist.

Daher freut es mich jedes Mal umso mehr, Instal­la­tio­nen auf­ge­spürt zu haben und zu erle­ben, die bis ins letz­te Detail so kon­se­quent aus­ge­ar­bei­tet sind, die der­art ein­drück­lich mit ihrem Raum agie­ren, dass die pure Emo­ti­on überspringt.
Das kann man wohl auch guten Gewis­sens von den Arbei­ten des Ber­li­ners Den­nis Fed­der­sen behaup­ten, der in sei­nen Wer­ken viel Übung beweist. Sei­ne ver­blüf­fend leben­dig wir­ken­den Instal­la­tio­nen erobern den Raum und schei­nen unauf­hör­lich zu wach­sen, zu wuchern und letzt­lich den Raum ganz einzunehmen.

Dennis Feddersen: Parasite #17»Para­si­te #17«, © Den­nis Feddersen

Sei­ne über­zeu­gends­ten Wer­ke stam­men aus der Rei­he »Para­si­tes«, die mitt­ler­wei­le 17 Ein­zel­ex­em­pla­re umfasst. Fed­der­sen kom­po­niert hier­bei vie­le unter­schied­li­che Ein­zel­ele­men­te aus gewell­tem Bie­ge­sperr­holz zu einem Gesamt­werk, des­sen Äuße­res stets eine sehr orga­nisch wir­ken­de Form annimmt. Die Instal­la­tio­nen über­zie­hen dann Wän­de und Decken, lugen um Ecken, rei­chen von einer Wand zur ande­ren und erobern so den Raum. Ins­ge­samt ent­steht so der Ein­druck eines ste­tig wuchern­den, aus ein­zel­nen Glie­dern oder Zel­len bestehen­den, beleb­ten Objekts; eine Moment­auf­nah­me eines unauf­halt­sam wach­sen­den Geschwürs, das im nächs­ten Augen­blick wohl bereits die gan­ze Wand bedeckt haben könnte.

Dennis»SPONGER #6«, © Den­nis Feddersen

Ähn­li­che Ansät­ze ver­fol­gen die Instal­la­tio­nen der Rei­he »SPONGER«. Sie bestehen eben­falls aus repe­ti­ti­ven Ein­zel­ele­men­ten, in die­sem Fal­le aus Schaum- und Kunst­stof­fen, die den Raum durch­span­nen und mehr leben­dig denn tot schei­nen. Die schwarz glän­zen­den, trop­fen- und boh­nen­för­mi­gen Kör­per­tei­le die­ses sich weit aus­stre­cken­den Wesens umfas­sen Bal­ken, Trä­ger und Roh­re. Es scheint, als suche die­se urtüm­li­che Gestalt die wär­men­de Nähe der Was­ser­lei­tun­gen, um sich dort fest­zu­set­zen und gestärkt durch die Abwär­me jener Roh­re wei­ter in den rest­li­chen Raum vorzudringen.

Ein­mal Halt gewon­nen, brei­tet sich auch der »SPONGER #6« gleich einem tief­schwar­zen Wes­pen­nest wei­ter in sei­ner Umge­bung aus, assi­mi­liert des­sen Objek­te und reicht schon wie­der nach dem nächs­ten Gegen­stand. Man muss sich ducken, um unter die­sem Geschwulst hin­durch­ge­hen zu kön­nen; der­art ach­tungs­los wuchert es durch den Raum.

Fed­der­sens Wer­ke stel­len einen Angriff des Beleb­ten, des mit einer dia­bo­li­schen Schnel­lig­keit behaf­te­ten Orga­ni­schen dar, das mas­siv — wie in »Para­si­tes #17« — die Welt des künst­lich ste­ril gehal­te­nen White Cubes infil­triert, dabei aber einer gewis­sen Ästhe­tik nicht ent­behrt. Ähn­lich ver­hält es sich mit dem »SPONGER #6«, der sich in den unbe­ach­te­ten Nischen der vom Men­schen geschaf­fe­nen und gesäu­ber­ten Welt ein­nis­tet und von die­ser Wär­me und Ener­gie schmarotzt.

Bei­de drin­gen in unse­re so gründ­lich von allen unbe­re­chen­ba­ren Zustän­den der Unord­nung befrei­ten Umwelt ein und stel­len dadurch einen Stör­fak­tor dar, der aber auch dar­an erin­nert, dass die beleb­te, d.h. die ande­re Welt sich mühe­los an jeden Zustand anpas­sen kann, gleich wie peni­bel wir um ihn doch rin­gen mögen.