Untitled, aus der Serie »The Park«, © Kohei Yoshiyuki
Dem Thema Fotografie kommt in diesem Blog zwar keinen großen Stellenwert zu, doch hin und wieder gibt es den Anlass, auf vorzügliche Arbeiten hinzuweisen und diese vorzustellen. Dazu gehört auch definitiv die Serie »The Park« des japanischen Künstlers Kohei Yoshiyuki, für die er in den Parks Tokios nächtliche Liebesspiele sowie die umgebene Kulisse aufgenommen hat. Denn für die intimen Begegnungen japanischer Paare hatte nicht nur der Künstler ein Interesse, seine Bilder widmet er vor allen Dingen jenen, die bei diesen Szenen ihren voyeuristischen Trieben nachgehen oder gar selbst Teil des Geschehen werden wollen.
Mit »The Park« war Yoshiyuki in etlichen Galerien dieser Welt zu Gast, ab Freitag beehrt er auch das Berliner Publikum.
Untitled, aus der Serie »The Park«, © Kohei Yoshiyuki
In den Siebzigern streifte Yoshyuki durch den Tokioter Chuo Park und fand zu seiner Überraschung nicht nur ein Liebespaar, sondern auch die versammelte Voyeuristengesellschaft in den Büschen. Nach einigen Monaten kam er mit einer Kamera und einem Infrarotfilm zurück und konnte so das Schauspiel rund um hetero- und homoerotische Parkbegegnungen festhalten.
In einem Interview beschrieb er einst sein Vorgehen: Er habe die ersten Monate die Parks ohne seine Kamera besucht, um die Schauplätze und das Verhalten der Voyeure kennenzulernen und um dann in den folgenden Nächten, wenn er seine Kamera dabei hatte, sich wie einer von ihnen verhalten zu können und nicht weiter aufzufallen.
So entstand mit der Zeit die Reihe »The Park« (s.a. tofu-magazine), die nicht nur die Rolle eines dieser Voyeure einnimmt, sondern auch gleichzeitig vom Treiben der unliebsamen Besucher berichtet. Durch die Infrarot-Optik und die Perspektivwahl hat der Betrachter den Eindruck, dem Geschehen tatsächlich beizuwohnen. Yoshiyuki verstärkte für die erste Ausstellung seiner Fotografien diesen Effekt, indem er nicht nur lebensgroße Abzüge anfertigte, sondern die Galerie auch verdunkeln und jedem Besucher eine Taschenlampe aushändigen ließ.
Untitled, aus der Serie »The Park«, © Kohei Yoshiyuki
Die Bilder sprechen dabei für sich: Sie geben einen tiefen Eindruck, wie in Großstädten wie Tokio Einsamkeit und Anonymität zu traurigen Wegen der Triebbefriedigung führen können. Sie zeigen aber auch, dass man in solchen Metropolen nicht immer allein ist: Sei es einerseits beim Liebesspiel oder auf der anderen Seite, bei den Spannern. Manchmal sogar verschmelzen diese Grenzen, wenn die Voyeure nicht mehr nur zuschauen, sondern auch anfassen wollen.
Kohei Yoshiyukis Serie »The Park« bereist schon länger die Galerien dieser Welt, vor zwei Jahren erschien auch der passende Bildband. Jetzt beehrt er die Berliner Galerie Gebr. Lehmann: Vom 28. März bis 25. April können die Werke besichtigt werden.
Können sich Yoshiyukis Fotografien vom dargestellten Voyeurismus absetzen? Könnte es sich dabei nicht genauso gut um die Erinnerungsfotos eines Spanners handeln?
Oder ist das tatsächlich der künstlerische Gedanke, der Yoshiyuki antreibt? Und wie glaubst du, sind die Verhältnisse in deutschen Parks? (Oder weißt es du es gar?)
Lass es mich wissen!