Die Kunst, zu gewinnen

04. April 2013 von Marie Egger
Der Berlin Art Prize will unabhängig sein und alles ein wenig anders machen.

Die Macher des Berlin Art Prize: Alicia Reuter, Ulrich Wulff, Sophie Jung und Zoë Claire Miller (v.l.n.r.); Foto: © Patrick Burkhardt

Ali­cia Reu­ter, Ulrich Wulff, Sophie Jung und Zoë Clai­re Mil­ler haben den Ber­lin Art Pri­ze e.V. gegrün­det. Im Juni 2013 ver­gibt die Jury erst­mals den unab­hän­gi­gen Preis für zeit­ge­nös­si­sche Kunst aus Ber­lin. Unab­hän­gig des­we­gen, weil die Ver­an­stal­tung nach uni­ver­sa­len Qua­li­täts­merk­ma­len von Kunst sucht. Wer teil­neh­men möch­te, reicht sei­ne Wer­ke und ein State­ment ein. Dar­auf grün­den die Juro­ren ihre Entscheidung.
Ich habe mich mit allen vier Initia­to­ren getrof­fen und über Start­spaß und Start­schwie­rig­kei­ten gesprochen.

Wie habt ihr euch kennengelernt?
Z Ich ken­ne Uli aus einer Bar vor eini­gen Jah­ren, oder? Ich kann­te ihn kaum und dann hat er mich ein­ge­la­den, bei einer Aus­stel­lung mit­zu­ma­chen im Kunst­ver­ein Innsbruck.
U Im Zillertal.
Z Genau.
A Ich habe Zoë auf einer Par­ty von 032c kennengelernt.
S Zoë hat uns dann alle zusammengeführt.

Und wo hat­tet ihr die Idee für den Ber­lin Art Prize?
Z Auch in einer Bar. Da kam Uli auf einen Kaf­fee vor­bei und die Idee entstand.
A Aber wir arbei­ten seit einem Jahr dar­an und es hat sich immer wei­ter ent­wi­ckelt und viel ver­än­dert. Es ist nicht die glei­che Idee, wie die, mit der wir begon­nen haben. Am Anfang haben wir viel mehr Iro­nie hineingebracht.
Z Am Anfang dach­ten wir: Wir ver­ge­ben einen Kunst­preis, der für alle offen ist. Das kann ja nicht sein, dass Kunst­prei­se immer nur von Fir­men oder Insti­tu­tio­nen ver­ge­ben wer­den und nicht von Kunst- und Kul­tur­pro­du­zen­ten selbst.
S Anfangs war die Idee, dass wir eine Par­ty machen!
(alle lachen)
S Wir woll­ten eine Ver­lei­hung machen mit absur­den Kate­go­rien. Um damit einen Kon­ter­part zu den exis­tie­ren­den Prei­sen zu bilden.

Was ist von der Iro­nie vom Anfang geblieben?
S Sie ist visu­ell auf unse­rer Web­site erkenn­bar. Man merkt schon, dass es nicht von einer fet­ten Insti­tu­ti­on kommt, son­dern alles ein biss­chen tak­ti­ler gehand­habt wird.
U (räus­pert sich)
S Du willst was sagen?
U Die Iro­nie ist immer noch die glei­che. Die Iro­nie war immer der Span­nungs­bo­gen zu der Matrix, auf die wir uns bezie­hen. Das ist das, was funk­tio­niert, in so einer mark­stra­te­gi­schen Posi­tio­nie­rung. Das heißt, jeder gro­ße Kunst­preis hat ein Unter­neh­men oder eine Insti­tu­ti­on hin­ter sich, die natür­lich Eigen­in­ter­es­sen haben. Unse­re Eigen­in­ter­es­sen sind per se ande­re. Weil wir wol­len, dass man sich auf Augen­hö­he begeg­net. Der iro­ni­sche Span­nungs­bo­gen ist immer noch der glei­che. Nur ist uns klar­ge­wor­den, dass es sehr wohl eine (auch von uns) ernst zu neh­men­de Posi­ti­on sein muss, die wir ver­tre­ten. Die Iro­nie liegt nicht in der Pro­duk­ti­on selbst, son­dern in dem Ver­hält­nis zu dem, woge­gen wir sind.

Woge­gen seid ihr?
U Ich bin gegen Mono­po­li­sie­rung. So zu tun, als hät­te man das Recht, die Kunst zu miss­brau­chen, um etwas ande­res zu trans­por­tie­ren. Wenn gro­ße Unter­neh­men Kunst­prei­se finan­zie­ren, kann ich mir nicht vor­stel­len, dass dahin­ter kein Eigen­in­ter­es­se steht. Wir las­sen den Kos­mos ganz klein. Des­we­gen sind die Kate­go­rien auch sehr, sehr basal und ein­fach for­mu­liert. Ja, wirk­lich fast schon zu banal. Dar­in allein steckt ja schon Iro­nie. Aber auch im Ver­hält­nis dazu, was Kate­go­rien sonst sein wol­len oder für was sie sich hal­ten. Per se sind die­se Kate­go­rien auch ernst zu neh­men und wahn­sin­nig ernst. Je basa­ler, des­to erns­ter, glau­be ich.

Was sind eure Kategorien?
S Schöns­te Kom­po­si­ti­on. Bes­tes Kon­zept. Und Preis der Jury.

Waren die schon immer so?
Z Ursprüng­lich waren sie eine mehr und pro­vo­kan­ter for­mu­liert. Tro­ckens­tes Kon­zept, Bes­te Farb­wahl, Schöns­te Kom­po­si­ti­on und Bes­ter Seitensprung.
S Die­se Kate­go­rien sol­len frei anwend­bar sein, so dass es der Jury obliegt, was nun wirk­lich das tro­ckens­te Kon­zept und was die schöns­te Farb­wahl ist. Man kann ja auch die schöns­te Farb­wahl auf ein tro­cke­nes Kon­zept legen. Wir möch­ten die Kunst gern ernst neh­men. Des­we­gen waren Begriff­lich­kei­ten, die bei den Künst­lern ansto­ßen, nicht unser Ziel.

Wür­dest du sagen, dass ande­re Kunst­prei­se die Kunst nicht ernst nehmen?
S Nein, das woll­te ich nicht sagen. Unse­re bis­he­ri­gen Kate­go­rien trans­por­tier­ten so etwas. Das woll­ten wir nicht. Wir möch­ten, dass die Künst­ler Bock haben mit­zu­ma­chen und sich auch ernst genom­men fühlen.
Z Die Kate­go­rien sind voll­kom­men offen gehal­ten und haben weder the­ma­ti­sche noch media­le Eingrenzungen.
U Es ist die Kon­tex­tua­li­sie­rung, die man damit aus der Hand gibt. Und es soll ja um Frei­heit gehen. Dar­um, dass jemand machen kann, was er will, oder, was er machen muss. Und nicht, was er denkt, tun zu müs­sen. Des­we­gen ist die Kunst ja para­dig­ma­tisch für einen Lebens­ent­wurf. Es soll­te ja kei­ner machen müs­sen, was er denkt machen zu müs­sen auf­grund äuße­rer Umstände.

Ist es das, was ihr rea­li­sie­ren wollt, wenn ihr in den Titel eurer Web­site schreibt: »The inde­pen­dent art pri­ze for con­tem­po­ra­ry art from Ber­lin.«?
U Ich wür­de es so unterschreiben.
S Hmhm.

Das heißt… Was hat jemand bekom­men, wenn er den Ber­lin Art Pri­ze gewon­nen hat?
A Das ist ein inter­es­san­ter Punkt. Ich kann zum Bei­spiel ver­ste­hen, wenn es vom Preis der Natio­nal­ga­le­rie für jun­ge Kunst kein Preis­geld mehr gibt. Wir ver­lei­hen ein Preis­geld, aber manch­mal ist es auch wich­tig, ein­fach teil­zu­neh­men. Das bedeu­tet etwas. Mit oder ohne Preis­geld. Mit oder ohne Resi­den­cy. Die­se Erfah­rung zu machen.
Z Der wich­tigs­te Effekt eines Prei­ses, einer Preis­ge­win­nung für einen Künst­ler ist das Renom­mee. Die Tat­sa­che, dass man dadurch die Chan­cen stei­gert, das nächs­te Mal wie­der etwas zu gewin­nen. Wir wol­len alle posi­ti­ven Facet­ten eines Prei­ses ver­ei­nen, über­hö­hen und über­spit­zen. Es gibt nicht nur einen tol­len Kata­log und eine Aus­stel­lung und ein Preis­geld und eine Resi­den­cy, son­dern eben auch einen Pokal. Und hof­fent­lich bekom­men wir auch einen roten Samt­vor­hang für die Preisverleihung.
S Es geht schon dar­um, dass man Kunst wür­digt. Dass eine pro­fes­sio­nel­le Jury sich die Arbei­ten anschaut. Wir hof­fen, dass sich Leu­te bewer­ben, die sich sonst gar nicht trau­en, die sonst »durch­fal­len«. Des­we­gen fin­det ein ande­rer Selek­ti­ons­pro­zess, statt.

Ist die Wür­di­gung erhöh­te Auf­merk­sam­keit oder eine Bewer­tung der Arbei­ten, die sie bes­ser als ande­re stellt? Oder: Wie wich­tig ist es, so einen Preis zu gewinnen?
U Ganz im Ernst: Mit allem, was wir gera­de gesagt haben, wür­de ich mich nicht für den Preis bewer­ben. Wirk­lich nicht. Es muss im End­ef­fekt um die Lie­be zur Kunst gehen. Um nichts ande­res. Das ist der Treff­punkt, den ich in dem Preis sehe. Dass Men­schen zusam­men­kom­men. Es geht um etwas, wor­über sich die mensch­li­chen Geis­ter mit­ein­an­der ver­bin­den und plötz­lich ist etwas da, was vor­her nicht da war.
Ent­schei­dend für die Jury­sit­zung ist, dass stra­te­gi­sches Vor­ge­hen aus­ge­schlos­sen ist. Dadurch, dass wir die Ent­schei­dung der Jury blind gestal­ten. Das heißt, die Leu­te wis­sen nicht, von wem wel­che Ein­rei­chung ist. Sie haben die Arbei­ten vor sich, aber kei­ner­lei Zusam­men­hang. Son­dern ein­zig das, was sie sehen. Damit muss man dann zurecht kom­men. Die Fra­ge ist: Stim­men die Para­me­ter, die immer die Para­me­ter der Kunst waren und sein wer­den? Man kann als Kunst­his­to­ri­ker natür­lich Kon­tex­te raus­fin­den. Das ist sehr inter­es­sant. Nur, das Bild ist des­we­gen inter­es­sant, weil es ein­fach reinknallt.
S Aber es muss ja erst Mal ein Publi­kum fin­den. Es muss gese­hen werden.
U Ja, richtig.
S Und das ist es ja, was wir versuchen.
U Das ist das Lang­zeit­ziel die­ses Prei­ses, dass er zur Sen­si­bi­li­sie­rung des Publi­kums beiträgt.

War­um ver­gebt ihr dann einen Preis und macht nicht eine Ausstellung?
U Ich ken­ne nie­man­den, der noch in Grup­pen­aus­stel­lun­gen geht, zumin­dest nicht in die­ser Stadt, dem es tat­säch­lich um die Grup­pen­aus­stel­lung geht. Ich gehe da hin, kau­fe mir zehn bil­li­ge Bier und ver­ges­se den Tag am bes­ten. Und den nächs­ten auch. Was schön ist. Aber das steht auf einem ande­ren Blatt Papier als die Mög­lich­kei­ten der Kunst. Die Mög­lich­kei­ten der Kunst sind ja sehr nüchtern.
S Der Preis gibt die nöti­ge Form. Es ist die Form, die du brauchst, damit das gan­ze Sys­tem ange­kur­belt wird.
Z Man kann das Pro­jekt als gro­ßes Expe­ri­ment betrach­ten. Eine Preis­ver­lei­hung ist im Prin­zip eine Wert­zu­schrei­bung, die von einer Auto­ri­tät vor­ge­nom­men wird. Als Grup­pe von jun­gen Kunst- und Kul­tur­pro­du­zen­ten haben wir eigent­lich kei­ne Auto­ri­tät. Wir sind kei­ne Fir­ma mit Mil­lio­nen­um­sät­zen. Wir sind kei­ne Insti­tu­ti­on mit einer lan­gen Grün­dungs­ge­schich­te. Den­noch glau­ben wir, dass wir mit unse­rem sozia­len Kapi­tal den Teil­neh­mern ganz schön was brin­gen kön­nen. Der künst­le­ri­sche Erfolg hängt so sehr von talent­un­ab­hän­gi­gen Fak­to­ren wie Ver­net­zung und Social Skills ab und es gibt so vie­le tol­le Künst­ler gibt, die nie etwas gewin­nen, für die sich kei­ne Kura­to­ren ein­set­zen, die kei­nen Mäzen haben. Es war die Fra­ge, wenn wir an so eine Sache demo­kra­tisch her­an­ge­hen und wirk­lich ver­su­chen, mög­lichst fair zu sein, ob da nicht ganz ande­re Gewin­ner herauskommen.

Wenn jeder sich bewer­ben kann, was liegt dem Preis denn für ein Ver­ständ­nis davon zugrun­de, was ein Künst­ler ist?
Z Ein Künst­ler ist jeder, der Kunst macht. Und ich wür­de auch kei­nes­wegs sagen, dass jemand aus die­ser Defi­ni­ti­on aus­ge­schlos­sen wird, weil er nicht einen künst­le­ri­schen aka­de­mi­schen Lauf­gang hin­ter sich hat.
S Es wird ja jeman­den geben, der sich nur um die Anony­mi­sie­rung der Ein­rei­chun­gen küm­mert und ich den­ke, man wird sehen, was für eine star­ke Aus­ein­an­der­set­zung hin­ter den Arbei­ten steht.
Z Des­we­gen ist es ja auch ein Experiment.
A Und es gibt auch sol­che Situa­tio­nen, jeder hat schon davon gehört: Dass jemand ein Leben lang Kunst gemacht hat und plötz­lich nach dem Tod im Erbe fin­den sich tau­sen­de Fotografien…

Ihr habt euch Ber­lin Art Pri­ze genannt. Wor­in liegt der Bezug zu Berlin?
Z Jeder Künst­ler, der seit einem hal­ben Jahr hier arbei­tet, unab­hän­gig von Hin­ter­grund, aka­de­mi­scher Aus­bil­dung Geschlecht, Natio­na­li­tät, kann sich bewerben.

Einen eben­so brei­ten Auf­ruf hör­te man kürz­lich auch von der Deut­sche Bank Kunst­Hal­le. Jeder kön­ne Arbei­ten mit­brin­gen und selbst auf­hän­gen. Bis die Wand voll ist. Den bes­ten Teil­neh­mern win­ken Prei­se in Form einer För­de­rung oder einer Aus­stel­lung. Was sagt ihr zu dem Konzept?
A Es ist inter­es­sant, aber ich habe auch sol­che Aus­stel­lun­gen gese­hen. Wer zuerst kommt und sich in die Schlan­ge stellt, der kommt rein und hat etwas an der Wand.
Z Ich glau­be, jeder Künst­ler hat es echt satt, in rie­si­gen Grup­pen­aus­stel­lun­gen mit Peters­bur­ger Hän­gung zu hängen.
U Ja. Es geht um eine Bank. Eine Bank spricht jetzt natür­lich nicht nur Kunst­in­ter­es­sier­te an. Das ist das The­ma von jedem Volks­fest. Sprich alle an und alle machen mit. Das ist super. Natür­lich geht es da um etwas ganz anderes.

Das Team des Berlin Art Prize im Gespräch. Foto: © Florian Denzin

Das Team des Ber­lin Art Pri­ze im Gespräch. Foto: © Flo­ri­an Denzin

Aber ihr sprecht auch alle an und ladet alle ein, mitzumachen.
Z Ich glau­be, wir wür­den es auf jeden Fall als respekt­los anse­hen, alle Arbei­ten, die ein­ge­reicht wer­den an die Wän­de zu klat­schen, bis die Wän­de voll sind, wäh­rend die ande­ren vor­ne Schlan­ge stehen.
U »Das ist Kunst, das nicht und das auch nicht.« Kunst ist eine Mög­lich­keit des mensch­li­chen Zusam­men­tref­fens und Mit­ein­an­ders. Und es gibt gewis­se Para­me­ter, an denen man sie erkennt. Es passt, was die DB Kunst­hal­le macht. Es ist eher eine kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Aus­stel­lung wür­de ich sagen.
Ich traue der Kunst wahn­sin­nig viel zu. Sie kann ein Trans­for­ma­tor für Lebens­auf­fas­sun­gen, Lebens­kon­zep­te und Lebens­rea­li­tä­ten sein. Ich glau­be, da ist sehr, sehr viel gela­gert, was man mit sich aus dem Leben hin­aus­trägt. Außer mit­ein­an­der geht es auf die­ser Welt nicht um viel anderes.
Z Als Künst­ler hat man oft das Gefühl, Prei­se gin­gen immer an die­sel­ben Per­so­nen, also an bereits sehr renom­mier­te Künst­ler. Unser Gedan­ke war es, vor­he­ri­gen Erfolg außer Acht zu las­sen. Wir glau­ben, dass das nicht unbe­dingt aus­schlag­ge­bend ist, für die Beur­tei­lung einer künst­le­ri­schen Arbeit.
S Wir rich­ten uns an Ber­lin, weil hier eine gro­ße Men­ge an Künst­lern lebt, die genau in die­sem künst­le­risch-krea­ti­ven Mit­ein­an­der tätig ist und etwas leis­tet — das wol­len wir aufgreifen.
Z Ber­lin wirbt mit die­sen Künst­lern und erlangt somit einen gro­ßen Teil sei­nes coo­len Images. Aber nur weni­ge Künst­ler kön­nen davon leben. Auf­grund der stei­gen­den Mie­ten erschwe­ren sich die Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen und Absatz­märk­te sind kaum vorhanden.
U Zudem leben wir Initia­to­ren ja auch hier, erle­ben den All­tag der Stadt, der mehr oder weni­ger attrak­tiv ist. Wir möch­ten einen Geist, den wir tei­len mit ande­ren Men­schen teilen.
Kunst­stu­den­ten wer­den mit Ver­mark­tungs- und Small­talk-Kur­sen auf ihre Kar­rie­re vor­be­rei­tet. Kann es bit­te mal um die Sache gehen? Da haben wir eine Gegen­po­si­ti­on zu dem, was wir machen. Ich habe nichts dage­gen, dass es so etwas gibt. Weil es eine pri­ma Ein­la­dung ist, die jemand anneh­men kann, um sich dage­gen zu positionieren.

Was aber euren Preis auch zu einer kul­tur­po­li­ti­schen Aus­sa­ge macht.
U Absolut.
Z Ja.
A Ja.
S Definitiv.
(alle lachen)

Wie wür­det ihr damit umge­hen, wenn die Preis­ver­lei­hung zum poli­ti­schen Instru­ment wird?
Z Der Senat hat alle unse­re För­der­geld­an­trä­ge abgelehnt.

Das ist viel­leicht gar nicht so schlecht.
U Ich glau­be auch, das ist näm­lich gera­de nicht schlecht. Ich hof­fe, wir wer­den uns alle dar­an erin­nern, um wor­um es geht und das im Vor­der­grund behalten.
S Ja.
U Ich habe auch kein Pro­blem damit, Geld und Unter­stüt­zung von ande­ren zu bekom­men, solan­ge klar ist, wor­um es geht. Also als Spende.

Wie sähe denn eine idea­le Finan­zie­rung aus?
S Sehr viel Eigen­pro­dukt­spon­so­ring: Dass zum Bei­spiel eine Dru­cke­rei die Druck­kos­ten über­nimmt, oder Papier, das eine Papier­fir­ma uns gibt… Wir wür­den es gern trans­pa­rent gestal­ten und so vie­le Unter­stüt­zer wie mög­lich mit einbeziehen.
U Man kann nie ver­mei­den, dass das Geld, wel­ches einem zur Unter­stüt­zung dient, nicht durch und durch sau­ber ist. Das heißt aber noch lan­ge nicht, dass ent­spre­chen­de Geld­ge­ber den Emp­fän­gern ihre Ansich­ten auf­drü­cken. Man unter­stützt einen Gedan­ken, der wei­ter­hin so sein wird.

Dann sind wir wie­der bei Prei­sen, die von gro­ßen Unter­neh­men finan­ziert werden…
U Nein, die wer­den ja vom Kon­zern direkt aus­ge­ru­fen mit deren Inter­es­sen, orga­ni­siert von deren Mitarbeitern.
A Ich den­ke schon, dass man zei­gen will, »Hey, schaut: Wir sind inter­es­siert an Kunst.« — eine Ver­bin­dung bau­en will, mit der Kunst­sze­ne. Wir sind schon ver­bun­den mit der Kunst­sze­ne. Wir sind ein Teil von ihr und wir vier Grün­der machen es nicht, um Auf­merk­sam­keit auf uns zu len­ken. Wir wol­len Auf­merk­sam­keit für die Künstler.

Wer sind dies­mal die Mit­glie­der der Jury?
Z Uns war sehr wich­tig, ver­schie­de­ne Men­schen zusam­men­zu­brin­gen, deren Mei­nung und Ansich­ten zu Kunst wir für sehr rele­vant und inter­es­sant hal­ten, die aber nicht aus­schließ­lich Kura­to­ren und Kunst­wis­sen­schaft­ler sind. Zum Bei­spiel ist Atti­la Say­gel dabei. Er ist Grün­der des Archi­tek­tur­bü­ros Say­gel & Schrei­ber, die Kunst pro­du­zie­ren. Dann gibt es Eva Wil­son, sie ist gera­de kura­to­ri­sche Assis­ten­tin bei Thys­sen-Bor­ne­mis­za Art Con­tem­po­ra­ry in Wien und wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin an der Frei­en Universität.
S Dann gibt es Katha­ri­na Ficht­ner, Kul­tur­at­ta­ché der Bot­schaft von Kana­da. Sie hat zusam­men mit Ellen Blu­men­stein, Kath­rin Mey­er, Fio­na Geuss und Mari­bel López The Office gemacht. Sie haben an ver­schie­de­nen Orten in Ber­lin Per­for­man­ces, Aus­stel­lun­gen usw. organisiert.
U Außer­dem Ant­je Majew­ski, eine groß­ar­ti­ge Male­rin und Pro­fes­so­rin an der Kunst­hoch­schu­le Wei­ßen­see. Und Timo Miet­ti­nen, Betrei­ber des Salon Dah­l­mann in Char­lot­ten­burg. Der neben­bei fin­ni­scher Unter­neh­mer ist.

Das Team des Berlin Art Prize im Gespräch. Foto: © Peter Langer

Das Team des Ber­lin Art Pri­ze im Gespräch. Foto: © Peter Langer

Habt ihr eine Stra­te­gie für die nächs­ten Jahre?
A Sicher­lich sind wir im Moment fokus­siert auf das, was vor uns liegt und das ist, mit dem Medi­en­part­nern zu arbei­ten, mit unse­ren Spon­so­ren zu arbei­ten. Aber sofort, wenn der Preis ver­lie­hen ist, begin­nen wir mit der Arbeit für nächs­tes Jahr.
Z An die­ser Stel­le möch­te ich erwäh­nen, dass wir ab sofort einen Prak­ti­kan­ten suchen.
A Es ist sicher­lich ein span­nen­der Anfang. Es gibt auch Prei­se in Lon­don und Syd­ney, die genau­so wie wir begon­nen haben. Als Grup­pe von Leu­ten, die sich sehr für Kunst inter­es­sie­ren und etwas für die Kunst­sze­ne machen woll­ten. Der Kunst­preis in Lon­don wur­de vor acht Jah­ren gegrün­det und jetzt kön­nen sie bereits über 10000 Pounds Preis­geld vergeben.

Den Ber­lin Art Pri­ze ver­gebt ihr jähr­lich. War das eine bewuss­te Entscheidung?
Z Ja, auf jeden Fall.
U Ich habe mir da gar kei­ne wirk­li­chen Gedan­ken gemacht.
Z Wenn wir alle sehr reich wären und kei­ne Day-Jobs hät­ten, dann könn­ten wir das auch jeden Monat ver­lei­hen, das wäre auch ziem­lich cool.
A Oh ja.
(lachen)
U Jetzt reicht’s aber!

Kommentare

  1. Unglaub­lich gute Geschich­te. Super Idee. Wir soll­ten uns mal zusam­men set­zen. Ich arbei­te an einer ähn­li­chen Idee. Da ich in Bonn bin, wür­de ich ger­ne Kon­takt zur Grup­pe bekommen.

    Marianne Hoffmann
  2. Lie­be Mari­an­ne, dan­ke für das Feed­back! Den Kon­takt zum Ber­lin Art Pri­ze gebe ich dir gern.
    Ali­cia Reu­ter freut sich über dei­ne Mail: moc.ezirptranilrebnull@retuer.a
    Vie­le Grüße
    Marie