Kunstbörse Berlin

24. September 2009 von Matthias Planitzer
"Homecoming #1", © Paul Rascheja (@ Kunstsalon) Der Berliner Kunstmarkt ist derzeit nicht zu beneiden. Gut 370 Galeristen versammeln sich in diesen Tagen auf fünf unterschiedlichen Kunstmessen, um Werke bekannter, etablierter und auch aufstrebender Künstler nicht nur der großen Besucherschaft zu präsentieren, sondern natürlich auch zu verkaufen. Die Konkurrenz ist also so groß wie die Auswahl und wieder einmal verwandelt sich die Hauptstadt für ein paar Tage in den vermutlich größten Kunstumschlagsplatz Europas. Das kommt dem geneigten Käufer natürlich entgegen, denn auch auf diesem Markt gelten die Gesetze der Wirtschaft. Ich für meinen Teil habe leider keine Zeit, mich dem Spektakel hinzugeben, das soll mich aber nicht davon abhalten, die fünf Messen und die vertretenen Galerien und Künstler vorzustellen. Allesamt können noch bis zum Sonntag besucht werden, ehe die Stadt wieder ein wenig die Ruhe der Wirtschaftskrise genießen kann.
Paul Rascheja: Homecoming #1»Home­co­ming #1«, © Paul Rasche­ja (@ Kunstsalon)

Der Ber­li­ner Kunst­markt ist der­zeit nicht zu benei­den. Gut 370 Gale­ris­ten ver­sam­meln sich in die­sen Tagen auf fünf unter­schied­li­chen Kunst­mes­sen, um Wer­ke bekann­ter, eta­blier­ter und auch auf­stre­ben­der Künst­ler nicht nur der gro­ßen Besu­cher­schaft zu prä­sen­tie­ren, son­dern natür­lich auch zu ver­kau­fen. Die Kon­kur­renz ist also so groß wie die Aus­wahl und wie­der ein­mal ver­wan­delt sich die Haupt­stadt für ein paar Tage in den ver­mut­lich größ­ten Kunst­um­schlags­platz Euro­pas. Das kommt dem geneig­ten Käu­fer natür­lich ent­ge­gen, denn auch auf die­sem Markt gel­ten die Geset­ze der Wirtschaft.

Ich für mei­nen Teil habe lei­der kei­ne Zeit, mich dem Spek­ta­kel hin­zu­ge­ben, das soll mich aber nicht davon abhal­ten, die fünf Mes­sen und die ver­tre­te­nen Gale­rien und Künst­ler vor­zu­stel­len. Alle­samt kön­nen noch bis zum Sonn­tag besucht wer­den, ehe die Stadt wie­der ein wenig die Ruhe der Wirt­schafts­kri­se genie­ßen kann.

Nina Fischer & Maroan el Sani: Palast der Republik - Nordseite»Palast der Repu­blik — Nord­sei­te«, © Nina Fischer & Maro­an el Sani (@ Art Forum)

Art Forum

Klar, als ers­tes wid­me ich mich der bekann­tes­ten Mes­se in die­ser Run­de. In ihrer 14. Auf­la­ge stel­len rund 130 Gale­ris­ten die Wer­ke ihrer Künst­ler in den Mes­se­hal­len unter dem Funk­turm zur Schau. Die­ses Jahr führt das Art Forum zwei Neue­run­gen mit ins Feld: Neben der Gegen­warts­kunst wer­den auch erst­mals Wer­ke aus den 60ern gezeigt, zudem wird eigens sol­chen Gale­rien Raum gebo­ten, die weni­ger als fünf Jah­re am Markt prä­sent sind; dar­un­ter auch die Ber­li­ner Ver­tre­ter der Kunst­agen­ten und von Som­mer & Kohl. Auch sonst domi­nie­ren Ber­li­ner Gale­rien das Art Forum, stel­len doch 38 von ihnen in den Mes­se­hal­len aus.

Auch das Port­fo­lio der ver­tre­ten Künst­ler kann sich sehen las­sen. Nam­haf­te Grö­ßen wie Katha­ri­na Gros­se, Ster­ling Ruby, Pie­ter Hugo, Imi Knoe­bel, Neo Rauch und Her­bert Brandl sind durch ihre Wer­ke ver­tre­ten, aber auch Stü­cke der bei Cas­tor und Pol­lux schon vor­ge­stell­ten Jep­pe Hein, Kohei Yoshi­y­u­ki und Edith Dekyndt suchen einen neu­en Besitzer.

Aber hier noch ein­mal alle wich­ti­gen Infos:
14. Art Forum Ber­lin 2009
geöff­net bis 27.09., jeweils von 12 — 19 Uhr
in den Mes­se­hal­len unter dem Funk­turm, Ein­gang Hal­le 19
Tages­ti­cket 18 €, erm. 12 €

Ralf Ziervogel: Ecce»Ecce«, © Ralf Zier­vo­gel (@ abc)

abc — art ber­lin contemporary

Im ver­gan­ge­nen Jahr trenn­ten sich eini­ge abtrün­ni­ge Ber­li­ner Gale­ris­ten vom Art Forum und grün­de­ten flugs ihre eige­ne Über­sichts­schau der Gegen­warts­kunst, die abc — art ber­lin con­tem­po­ra­ry, mit der sie beson­ders den künst­le­ri­schen Lai­en anspre­chen woll­ten, was sie auch schon zuvor durch das erfolg­rei­che Gal­lery Weekend geschafft hat­ten. Die­ses Jahr gehen die Kon­tra­hen­ten von einst auf Ver­söh­nungs­kurs und beto­nen ihre Zusam­men­ar­beit. So erhält man etwa als Besit­zer eines Tickets für das Art Forum frei­en Ein­tritt bei der abc in der Aka­de­mie der Küns­te und kann zur Anfahrt gleich den Shut­tle­bus nutzen.

Die zwei­te Aus­ga­be der abc steht unter dem Mot­to »def — drafts estab­li­shing future« und ruft zum Dis­kurs über Kunst im und für den öffent­li­chen Raum auf. Zu sehen sind eine Fül­le von Arbei­ten, die eigens für die Räu­me der Aka­de­mie der Küns­te geschaf­fen wur­den. Street­Art soll­te man von den rund 80 aus­ge­stell­ten Künst­lern nicht erwar­ten, dies soll­te jedoch nicht die Erwar­tun­gen an die Aus­stel­lung trü­ben. Gro­ße Namen sind erwar­tungs­ge­mäß nicht ver­tre­ten, soll doch die Aus­stel­lung vor allem jun­ge Künst­ler vor­stel­len. Man darf aber gespannt sein, was die nam­haf­ten Gale­rien Eigen + Art, Max Hetz­ler und Arndt & Part­ner aus­ge­gra­ben haben. Letz­te­re etwa führt ein Pro­jekt des auf­stre­ben­den Ralf Zier­vo­gel ins Feld, der einen 120m mes­sen­den Kubus über Tem­pel­hof bau­en will.

Davon kann man sich also auf der
abc — art ber­lin contemporary
noch bis zum 27.09. von jeweils 11 bis 20 Uhr
in der Aka­de­mie der Künste
für 7 €, erm. 5 € oder mit einem Ticket des Art Forum überzeugen.

Ingolf Keiner: Der Gerber»Der Ger­ber«, © Ingolf Kei­ner (@ Kunstsalon)

Ber­li­ner Kunstsalon

Auch der Kunst­sa­lon wid­met sich den jun­gen und expe­ri­men­tel­len Künst­lern, kann aller­dings auf ein mitt­ler­wei­le sechs­jäh­ri­ges Bestehen zurück­bli­cken. Was als Büh­ne für mit­un­ter sub­ver­si­ve und ver­que­re Kunst begann, hat sich mit der Zeit ein wenig gemä­ßigt, ist aber wei­ter­hin eine sehr attrak­ti­ve Ergän­zung im Mes­se- und Aus­stel­lungs­pro­gramm. Über die Jah­re hat sich der Kunst­sa­lon zu einer Ver­an­stal­tung gemau­sert, die dem Art Forum in nichts nach­steht und als zweit­größ­te Kunst­mes­se gehan­delt wird.

In die­sem Jahr liegt der Fokus ganz auf der Foto­gra­fie, die ande­ren Gen­res kom­men aber natür­lich nicht zu kurz. Mit dem kos­ten­lo­sen Kata­log extra:f (auch als PDF, 5 MB) stel­len die Ver­an­stal­ter in kurz­wei­li­gen Por­träts die foto­gra­fi­schen Stern­stun­den der Mes­se vor. Die rest­li­chen Wer­ke kann man vor­ab schon mal im Online-Kata­log (8 MB) durch­stö­bern, ehe man sich vor Ort (wie zuvor im Hum­boldt-Umspann­werk im Prenz­lau­er Berg) selbst von der Viel­falt der gebo­te­nen Kunst über­zeu­gen kann. 71 Aus­stel­ler, dar­un­ter auch Kunst­hoch­schu­len, sind zuge­gen und nut­zen wie­der ein­mal die groß­ar­ti­gen Räum­lich­kei­ten für eine sehens­wer­te Ausstellung.

6. Ber­li­ner Kunstsalon
noch bis zum 27.09. von jeweils 14 bis 22 Uhr, am So von 12 bis 20 Uhr
im Hum­boldt-Umspann­werk
für 8 €, erm. 6 €Ein­tritt.

»Uhr«, © Ste­fan Strumbel (@ Ber­li­ner Liste)

Ber­li­ner Lis­te 2009

Auch die Ber­li­ner Lis­te nutz­te schon das Hum­boldt-Umspann­werk für sei­ne Schau jun­ger, bis­her eher unbe­kann­ter Künst­ler und ver­steht sich seit ihrer Grün­dung vor fünf Jah­ren eben­falls als Ergän­zung zum Art Forum (und sieht sich eben­falls als zweit­größ­te Kunst­mes­se Ber­lins). Die­ses Jahr ent­schied man sich jedoch für das Palais am Tier­gar­ten, einen nüch­ter­nen, cha­rak­ter­lo­sen Glas­bau in Nach­bar­schaft zur Neu­en Nationalgalerie.

Das dies­jäh­ri­ge Sor­ti­ment der sech­zig aus­stel­len­den Gale­rien ähnelt dem der Mes­se-Kon­kur­renz, so setzt man eben­falls auf viel Foto­gra­fie und lässt par­al­lel zum Art Forum 50 Jah­re Kunst­ge­schich­te Revue pas­sie­ren. Dem öffent­li­chen Street­Art-Hype trägt man auch Rech­nung und prä­sen­tiert Wer­ke von Bank­sy (selbst­re­dend von der Gale­rie Spring­mann), auch wenn der in den Pres­se­un­ter­la­gen mehr­fach als Ban­sky vor­ge­stellt wird. Und weil es der­zeit eh »in« ist, Kunst mit Musik, Dis­co und Tanz zu ver­bin­den, dür­fen natür­lich die Lounge und der Dance­f­lo­or im fünf­ten Stock­werk nicht fehlen.

Fün­dig wird man bei der Ber­li­ner Lis­te 2009
noch bis 27.09. jeweils von 13 bis 21 Uhr, am Sonn­tag bis 19 Uhr
im Palais am Tiergarten
für 12 €, 10 € Eintritt.

Robert Kunec: Suicide Bomber»Sui­ci­de Bom­ber«, © Robert Kun­ec (@ Pre­view Berlin)

Pre­view Berlin

Den Abschluss bil­det die kleins­te der der­zei­ti­gen Kunst­mes­sen, die Pre­view Ber­lin. Etwa vier­zig Gale­ris­ten zei­gen hier — wie auch auf den ande­ren Satel­li­ten­mes­sen -, was die jüngs­ten Strö­mun­gen der Gegen­warts­kunst her­ge­ben. Die erfri­schen­de Abwechs­lung gibt es dafür an ande­rer Stel­le: Die Aus­stel­ler beschrän­ken sich auf Instal­la­tio­nen, Skulp­tu­ren und Plas­ti­ken, vie­le davon eigens für die vier­te Auf­la­ge der Pre­view Ber­lin ange­fer­tigt. Denn die­ses Jahr zieht die Mes­se vom Han­gar 2 in die Haupt­hal­le und will nach eige­nen Anga­ben das tra­dier­te Mes­se­kon­zept über­win­den, indem die Wer­ke nicht in Mes­se­stän­den, son­dern wie in einer Aus­stel­lung prä­sen­tiert werden.

Ob das inno­va­tiv ist oder nicht, muss jeder für sich selbst ent­schei­den, jedoch dürf­te die Beschrän­kung auf plas­ti­sche Kunst die Pre­view Ber­lin von der Kon­kur­renz abhe­ben. Zwar geht es auch hier um Kunst von weni­ger nam­haf­ten Akteu­ren (aller­dings dürf­te EVOL dem jun­gen Ber­li­ner Publi­kum von Begriff sein), doch abge­rech­net wird bekannt­lich zum Schluss.

Noch ein­mal alles Wich­ti­ge in Kürze:
5. Pre­view Berlin
noch bis 27.09. jeweils von 13 bis 20 Uhr
in der Haupt­hal­le des ehe­ma­li­gen Flug­ha­fen Tempelhof
für 10 €, erm. 6 € Eintritt.

 

Der Aus­druck »Satel­li­ten­mes­se« ist offen­bar gerecht­fer­tigt, wenn man von den vier klei­ne­ren der der­zei­ti­gen Kunst­mes­sen spricht. Sie alle haben ihren Bezug zum gro­ßen Vor­rei­ter, dem Art Forum, ver­ste­hen sie sich doch als Ergän­zung zum Markt der eta­blier­ten Grö­ßen des Kunstbusiness.
Wohl auch die­ses Jahr wer­den wie­der Besu­cher­re­kor­de gebro­chen, was den Stand­ort Ber­lin als Kunst­markt wei­ter fes­ti­gen wird. Schließ­lich kann man hier die Wer­ke gehyp­ter Künst­ler wie Jeff Koons oder Ban­sky Bank­sy neben denen vie­ler­lei Neu­ent­de­ckun­gen für den Preis einer Tages­kar­te erle­ben oder bei Inter­es­se und nöti­gem Finanz­pols­ter auch gleich erwer­ben. Am Ende freut’s den Besu­cher: Kon­kur­renz belebt bekannt­lich den Markt.

Kommentare

  1. also im Art-Forum war ich letz­tes Jahr und fand es eigent­lich ganz gut. wer­de die­se Jahr wie­der ver­su­chen hinzugehen

  2. scha­de wäre auch ger­ne in Ber­lin, vllt nächs­tes Mal…

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