Transmediale-Award verliehen

02. Februar 2009 von Matthias Planitzer
"Tantalum Memorial - Reconstruction", © G. Harwood, R. Wright, M. Yokokoji (via) Gestern Abend ging die transmediale.09, die 21. Ausgabe des Berliner Festivals für Kunst und digitale Kultur, zu Ende und bereits am Samstagabend wurde der Gewinner des begehrten Transmediale-Awards bekanntgegeben. Aus den etwa 900 vorgeschlagenen Werken aus insgesamt fünfzig Ländern wurden vorab acht Nominierungen getroffen, doch letztlich setzte sich die Installation "Tantalum Memorial" des britisch-japanischen Künstlertrios, bestehend aus Graham Harwood, Richard Wright und Matsuko Yokokoji, im Rennen um den renommierten Preis durch. "Tantalum Memorial" - oder zu Deutsch: Tantal-Mahnmal - erinnert an die vier Millionen kongolosischen Opfer der Coltan-Kriege, der schmutzigen Konflikte um den tantalhaltigen Rohstoff Coltan, welcher für die Mobiltelefonindustrie von großer Bedeutung ist.

Graham Harwood, Richard Wright, Matsuko Yokokoji: Tantalum Memorial - Residue»Tan­talum Memo­ri­al — Recon­s­truc­tion«, © G. Har­wood, R. Wright, M. Yoko­ko­ji (via)

Ges­tern Abend ging die transmediale.09, die 21. Aus­ga­be des Ber­li­ner Fes­ti­vals für Kunst und digi­ta­le Kul­tur, zu Ende und bereits am Sams­tag­abend wur­de der Gewin­ner des begehr­ten Trans­me­dia­le-Awards bekannt­ge­ge­ben. Aus den etwa 900 vor­ge­schla­ge­nen Wer­ken aus ins­ge­samt fünf­zig Län­dern wur­den vor­ab acht Nomi­nie­run­gen getrof­fen, doch letzt­lich setz­te sich die Instal­la­ti­on »Tan­talum Memo­ri­al« des bri­tisch-japa­ni­schen Künst­ler­tri­os, bestehend aus Gra­ham Har­wood, Richard Wright und Mat­suko Yoko­ko­ji, im Ren­nen um den renom­mier­ten Preis durch. »Tan­talum Memo­ri­al« — oder zu Deutsch: Tan­tal-Mahn­mal — erin­nert an die vier Mil­lio­nen kon­go­lo­si­schen Opfer der Col­tan-Krie­ge, der schmut­zi­gen Kon­flik­te um den tan­tal­hal­ti­gen Roh­stoff Col­tan, wel­cher für die Mobil­te­le­fon­in­dus­trie von gro­ßer Bedeu­tung ist.

Das Künst­ler­kol­lek­tiv bau­te aus sog. Strow­ger-Schal­tern, mehr als sieb­zig Jah­re alten tech­ni­schen Arte­fak­ten aus den Anfän­gen des Tele­fons, und einem han­dels­üb­li­chen Com­pu­ter eine »Tele­fon­zen­tra­le«, über die ein inter­ak­ti­ves Pro­gramm namens »Tele­pho­ne Trot­toire« für kon­go­le­sisch-stäm­mi­ge Lon­do­ner ver­an­stal­tet wird — in Anleh­nung an das im Kon­go popu­lä­re »Radio trot­toire«, einer scherz­haf­ten Bezeich­nung für die flo­rie­ren­de Mund-zu-Mund-Pro­pa­gan­da oft­mals regie­rungs­kri­ti­scher Nach­rich­ten, die von den Pas­san­ten von einer Stra­ße zur ande­ren getra­gen wer­den. In Zusam­men­ar­beit mit einem Lon­do­ner Radio­sen­der ruft »Tele­pho­ne Trot­toire« sei­ne kon­go­le­sisch-stäm­mi­gen Hörer an, spielt eine Nach­richt ab und ruft sie auf, die­se mit einen Kom­men­tar ver­se­hen unter ihren Freun­den und Bekann­ten wei­ter zu verbreiten.

Der Clou: Die urtüm­li­chen halb­me­cha­ni­schen Schalt­ein­hei­ten von »Tan­talum Memo­ri­al« geben ein wil­des, unge­ord­ne­tes Kli­cken von sich — jedes davon steht für einen wei­te­ren Anruf, den das Gerät tätigt, und somit auch für die Ver­brei­tung der Nach­richt von den Col­tan-Krie­gen, in denen um die Roh­stof­fe für han­dels­üb­li­che Mobil­te­le­fo­ne gefoch­ten wurde.

Graham Harwood, Richard Wright, Matsuko Yokokoji: Tantalum Memorial - Residue»Tan­talum Memo­ri­al — Resi­due«, © G. Har­wood, R. Wright, M. Yoko­ko­ji (via)

Colom­bo-Tan­ta­lit — oder kurz: Col­tan — ist ein sel­te­nes Tan­tal-Erz, das für die High­tech­in­dus­trie u.a. beim Bau von Han­dys und Spie­le­kon­so­len, aber auch für die Phar­ma­in­dus­trie uner­setz­bar ist und daher auf den Welt­märk­ten teu­rer gehan­delt wird als Gold. Sei­ne Haupt­la­ger­stät­ten befin­den sich rund um den Kiwu­see in der zen­tral­afri­ka­ni­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik Kon­go, in einer Kri­sen­re­gi­on, die seit 1998 den trau­ri­gen Schau­platz des »Ers­ten afri­ka­ni­schen Welt­kriegs« darstellt.
Haupt­par­tei­en sind die Regie­rung im Süd-Wes­ten, sowie zwei Rebel­len­grup­pen im Nor­den und Osten; dane­ben unter­stüt­zen sechs angren­zen­de Natio­nen die jewei­li­gen Kriegs­par­tei­en. Es gibt aber noch eine wei­te­re wich­ti­ge Par­tei: die west­li­che Indus­trie. Sie beu­te­te schon vor Kriegs­aus­bruch das Land aus und finan­ziert nun die Rebel­len­ar­meen. Die Front des Krie­ges ver­läuft nicht zufäl­lig ent­lang der Lager­stät­ten des begehr­ten Erzes. Fol­ge des Sze­na­ri­os sind hart umkämpf­te Minen und grau­en­vol­le Mas­sa­ker an der Zivil­be­völ­ke­rung. Bereits über vier Mil­lio­nen Kon­go­le­sen fie­len den schmut­zi­gen Krie­gen zum Opfer.

 

Har­wood, Wright und Yoko­ko­ji set­zen den in der west­li­chen Welt kaum beach­te­ten Col­tan-Krie­gen und sei­nen vie­len Opfern mit »Tan­talum Memo­ri­al« ein wohl längst über­fäl­li­ges Denk­mal und erhal­ten damit zurecht die renom­mier­te Ehrung der transmediale.09. Zwar ist bis­her kein Video auf­ge­taucht, das die Instal­la­ti­on in Akti­on zeigt, aber wenn es Neu­ig­kei­ten gibt, wer­de ich selbst­ver­ständ­lich dar­über berich­ten — bei Inter­es­se abon­nie­re am bes­ten den News­feed via RSS oder E‑Mail!

sie­he auch: www.tantalumexploration.net sowie das über­aus lesens­wer­te »Neue Schwarz­buch Mar­ken­fir­men« von Klaus Wer­ner und Hans Weiss.

Kommentare

  1. lei­der war ich ja im urlaub. ich woll­te unbe­dingt hin­ge­hen. hab es letz­tes jahr schon nicht geschafft

  2. Ich hab auch erst viel zu spät davon gehört. Schon blöd, da gibt’s ja immer ein paar net­te Sachen. Es müss­te irgend­wo im Inter­net einen News­let­ter für sowas geben. Wohn­ort ein­ge­ben und ent­spannt zurücklehnen.

    Ich hab das oben emp­foh­le­ne Buch übri­gens gera­de vor mir lie­gen, wer­de mal die Tage wie­der rein­schau­en, da ste­hen jede Men­ge uner­hör­te Sachen drin, was die inter­na­tio­na­len Grö­ßen der Indus­trie so alles anstellen.