Chinas wohl bekanntester zeitgenössischer Künstler Ai Weiwei befindet sich seit dem vergangenen Jahr unter politischem Hausarrest – seine regierungskritischen Äußerungen und Kunstwerke zogen erneut harte Repressalien der chinesischen Machthaber nach sich. Am 22. Juni soll der Hausarrest aufgehoben werden – wenn alles gut läuft, denn das ist alles andere als gewiß. Sicher ist dagegen, daß in den deutschen Kinos am 14.06. 2012 die Dokumentation »Ai Weiwei: Never sorry« anlaufen wird – es könnte keinen besseren Zeitpunkt geben.
Weitere Informationen darüber, was der Film verspricht, sowie eine Verlosung von Freikarten und Kunstbänden folgen nach einem exklusiv für Castor & Pollux bereitgestellten Ausschnitt aus »Ai Weiwei: Never sorry«, in dem der Künstler auf den unerwarteten Abriß seines Ateliers in Shanghai mit gewohntem Witz und politischer Durchschlagkraft reagiert:
Über Ai Weiwei wurde in der Vergangenheit bereits viel geschrieben. Wohl kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler ist so oft Gegenstand der allgemeinen Berichterstattung wie Ai, anderseits weiß kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler diese mediale Aufmerksamkeit so gekonnt für sich zu nutzen. Der Kampf zwischen Ai Weiwei und den chinesischen Oberen ist in der westlichen Weltöffentlichkeit jedenfalls bereits ausgemacht: Dieser David wird nicht müde, gegen die inhumanen Verhältnisse in der Volksrepublik anzugehen. Doch die Perspektive aus der Ferne läuft Gefahr, die diffizilen Verhältnisse nur eingeengt zu betrachten.
Hier setzt Alison Klayman, die Regisseurin der 91-minütigen Dokumentation, an und bietet einen tiefen Einblick in die chinesische Realität zwischen Willkür und Widerstand. Ihren Hauptdarsteller Ai Weiwei begleitete sie über drei Jahre hinweg und verdichtete nun in »Ai Weiwei: Never sorry« hunderte Stunden Material in ein abendfüllendes Filmportrait. Neben Ai kommen auch weitere Künstler wie He Yunchang, Hsieh Tehching, Galerist Ethan Cohen und Ais Ehefrau Lu Qing zu Wort.

© DCM
»Ai Weiwei: Never sorry« beginnt im Jahre 2008, als der Künstler sich mit dem Erdbeben von Sichuan und seinen Opfern beschäftigte. Zu dieser Zeit kam es zu einem gewaltsamen Übergriff der chinesischen Polizei, bei dem der Chinese schwer am Kopf verletzt wurde. Der Film zeigt diese Szenen und die Entstehung jenes Fotos, das Ai noch in derselben Nacht von sich und seinen Aufsehern schoss und innerhalb weniger Stunden um die Welt ging und bald in allen Zeitungen zu sehen war. Im Fall der vergessenen Schulkinder von Sichuan ließ er nicht nach: Ai Weiweis bedeutende Ausstellung »So sorry«, die im Winter 2009/2010 im Münchener Haus der Kunst gezeigt wurde, zeigte die Installation »Remembering« aus 9000 Schulrucksäcken an prominenter Stelle. Die Hintergründe zu dieser bekannten Arbeit wie auch Ausschnitte aus dem Gespräch mit Chris Dercon kommen in »Ai Weiwei: Never sorry« nicht zu kurz.
Der Film, der auf dem Sundance-Festival und der Berlinale die Jurys überzeugen konnte, zeigt auch die privaten Seiten des Chinesen: Im Gespräch mit seiner Mutter und seinem Bruder wird seine Kindheit in China anekdotenreich geschildert. Freunde erzählen von seiner Zeit in New York und seinem Engagement, die noch kleine Avantgarde-Bewegung im Peking der 90er Jahre zu unterstützen. In diesen Szenen wird die Person Ai Weiwei ein Stück greifbarer, wenn etwa seine Mutter Gao Ying in Sorge um die Sicherheit ihres Sohnes sich innig einen Rückzug aus der Politik wünscht oder Ai mit seinem Sohn inmitten der 100 Millionen Sonnenblumkerne steht, die er 2010 in der Tate Modern London verteilte.

»Macht euch keine Illusionen über mich: Der verbotene Blog«, Galiani Berlin
Doch kurz nach der Eröffnung der viel beachteten Ausstellung reagieren die chinesischen Machthaber und lassen Ais Atelier in Shanghai niederreißen. Wenig später kommt es zur Festnahme, welche der Film ebenso thematisiert wie das Verschwinden und auch die unerwartete Freilassung des Künstlers. Dabei zeichnet die Dokumentation ein auch viele Monate später noch erschütterndes Bild von den Methoden, die das chinesische Regime gegen seine erklärten Dissidenten anwendet. Dabei wird jedoch auch klar, daß selbst die schillerndste Figur der chinesischen Systemkritik nur ein Spielball der Machthaber ist, wenn der sonst furchtlose Ai Weiwei bei seiner Freilassung aus der 81-tägigen Haft mit spürbarer Angst in der Stimme den neugierigen Journalisten nur ausweichend antwortet.
Der Film erlebt einige Höhepunkte und zeigt so erstmals einem breiten Publikum ein differenziertes Bild des chinesischen Künstlers und der Gesellschaft, in der er zum Widerstand aufruft. Eine der eindrucksvollsten Szenen spielt sich in einem gewöhnlichen Schweineschmorbraten-Restaurant in Chengdu, der Provinzhauptstadt Sichuans ab. Dabei wird die wirkungsvolle Medienpolitik Ai Weiweis und auch Klaymans besonders deutlich, in der ein Kameramann des Künstlers die allgegenwärtigen, wachsam filmenden Polizisten aufnimmt. Hierzu heißt es im Film:
»Die Polizei kennt nicht die Macht des Bildes. Sie haben ihre Kamera, wir haben unsere Kamera. Aber ihre Aufzeichnungen werden nie veröffentlicht. Wir werden unsere veröffentlichen. … Es ist also kein faires Vorgehen.«
Zum Anlass des Kinostarts von »Ai Weiwei: Never sorry« am 14.06. 2012 verlosen wir zwei Pakete, jeweils bestehend aus jeweils zwei Freikarten und einem Exemplar des Buches »Macht euch keine Illusionen über mich: Der verbotene Blog« aus dem Verlag Galiani Berlin. Darin ist auf 478 Seiten der verbotene Blog des Künstlers in deutscher Übersetzung abgedruckt, in dem er über vier Jahre hinweg die Entwicklung Chinas dokumentiert und kommentiert.
Um am Gewinnspiel teilzunehmen reicht es aus, Castor und Pollux auf Facebook zu liken und einen Kommentar mit Hinweis auf dieses Gewinnspiel zu hinterlassen. Die glücklichen Gewinner werden am 22. Juni ermittelt und benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!
Weitere Informationen zu »Ai Weiwei: Never sorry« gibt es auf der Filmwebsite.