Die Vielfalt der Zeichnung

11. März 2011 von Matthias Planitzer
Nick Mauss: Untitled (detail). courtesy The Museum of Modern Art, NY. The Judith Rothschild Foundation Contemporary Drawings Collection Gift © 2011 Nick Mauss "Wir leben von der Hand in den Mund," gesteht Gereon Sieverich, Direktor des Martin-Gropius-Bau, als er erklärt, wie sein Haus es geschafft habe, mit der heute beginnenden Ausstellung "Kompass" ein kleines Juwel an die Spree zu holen. Darin zu sehen sind nämlich mehr als 250 Zeichnungen aus der zehn Mal so großen Sammlung der Judith-Rothschild-Foundation, die vor sechs Jahren als Schenkung an das Museum of Modern Art in New York ging. Die Schau, die zunächst in den berühmten Hallen an der 5th Avenue und auch in Valencia gastierte, ist nun auf ihrer letzten Station in Berlin angelangt. Dies sei nicht nur der exzellenten Partnerschaft mit dem MoMA zu verdanken, sondern auch, so erklärt Sieverich beiläufig, den Einnahmen aus der überaus erfolgreichen Frida-Retrospektive im vergangenen Jahr und – man merkt ihm die Erleichterung an – der neuen Klimaanlage im zweiten Obergeschoss, wo "Kompass" bis Ende Mai zu sehen sein wird. Zeichnungen – so weiß man hier – sind keineswegs nur Bleistiftarbeiten; Kurator Christian Rattemeyer und Harvey Miller, Vorsitzender der Judith-Rothschild-Foundation, betonen, stattdessen darunter alle Arbeiten auf Papier zu subsumieren. Mit dieser mitunter ungewohnten Begriffsbildung im Hinterkopf kann der Besucher ab heute ein "Panorama der Zeichnung" entdecken, für die Werke namhafter Größen wie Cy Twombly, Donald Judd, Robert Rauschenberg, Jasper Johns sowie vieler anderer Mitglieder der internationalen Kunstelite aber auch einiger weniger bis teils eher unbekannten Künstler zusammen getragen wurden.

Lizenz ausgelaufenNick Mauss: Untit­led (detail). cour­te­sy The Muse­um of Modern Art, NY. The Judith Roth­schild Foun­da­ti­on Con­tem­po­ra­ry Dra­wings Coll­ec­tion Gift © 2011 Nick Mauss

»Wir leben von der Hand in den Mund,« gesteht Gere­on Sie­ve­rich, Direk­tor des Mar­tin-Gro­pi­us-Bau, als er erklärt, wie sein Haus es geschafft habe, mit der heu­te begin­nen­den Aus­stel­lung »Kom­pass« ein klei­nes Juwel an die Spree zu holen. Dar­in zu sehen sind näm­lich mehr als 250 Zeich­nun­gen aus der zehn Mal so gro­ßen Samm­lung der Judith-Roth­schild-Foun­da­ti­on, die vor sechs Jah­ren als Schen­kung an das Muse­um of Modern Art in New York ging. Die Schau, die zunächst in den berühm­ten Hal­len an der 5th Ave­nue und auch in Valen­cia gas­tier­te, ist nun auf ihrer letz­ten Sta­ti­on in Ber­lin ange­langt. Dies sei nicht nur der exzel­len­ten Part­ner­schaft mit dem MoMA zu ver­dan­ken, son­dern auch, so erklärt Sie­ve­rich bei­läu­fig, den Ein­nah­men aus der über­aus erfolg­rei­chen Fri­da-Retro­spek­ti­ve im ver­gan­ge­nen Jahr und – man merkt ihm die Erleich­te­rung an – der neu­en Kli­ma­an­la­ge im zwei­ten Ober­ge­schoss, wo »Kom­pass« bis Ende Mai zu sehen sein wird.

Zeich­nun­gen – so weiß man hier – sind kei­nes­wegs nur Blei­stift­ar­bei­ten; Kura­tor Chris­ti­an Rat­te­mey­er und Har­vey Mil­ler, Vor­sit­zen­der der Judith-Roth­schild-Foun­da­ti­on, beto­nen, statt­des­sen dar­un­ter alle Arbei­ten auf Papier zu sub­su­mie­ren. Mit die­ser mit­un­ter unge­wohn­ten Begriffs­bil­dung im Hin­ter­kopf kann der Besu­cher ab heu­te ein »Pan­ora­ma der Zeich­nung« ent­de­cken, für die Wer­ke nam­haf­ter Grö­ßen wie Cy Twom­bly, Donald Judd, Robert Rau­schen­berg, Jas­per Johns sowie vie­ler ande­rer Mit­glie­der der inter­na­tio­na­len Kunst­e­li­te aber auch eini­ger weni­ger bis teils eher unbe­kann­ten Künst­ler zusam­men getra­gen wurden.

Lizenz ausgelaufenFranz West: Im milch­wei­ßem Bade. cour­te­sy The Muse­um of Modern Art, NY. The Judith Roth­schild Foun­da­ti­on Con­tem­po­ra­ry Dra­wings Coll­ec­tion Gift © 2011 Franz West

Der Schwer­punkt liegt auf Kunst­hot­spots dies- und jen­seits des Atlan­tiks: Los Ange­les und New York in der neu­en Welt, sowie Lon­don, Glas­gow, das Rhein­land und Ber­lin auf der euro­päi­schen Sei­te. Nach Rat­te­mey­ers kura­to­ri­schem Ansatz soll so die gegen­sei­ti­ge künst­le­ri­sche Beein­flus­sung und Befruch­tung her­aus­ge­ar­bei­tet wer­den, die zwi­schen den künst­le­ri­schen Iko­nen die­ser Städ­te bestan­den habe. Ins­be­son­de­re aus der Spree­me­tro­po­le, die Mil­ler als Kunst­haupt­stadt Euro­pas bezeich­ne­te, sind eini­ge Künst­ler ver­tre­ten; über­haupt trifft man vie­le deut­sche Grö­ßen an: Base­litz und Beuys, Genz­ken und Immendorff sind nur die schil­lernds­ten Beispiele.

Dabei behält »Kom­pass« kei­nes­wegs nur gewohn­te kunst­his­to­ri­sche Sicht­wei­sen ein. Durch den wei­te­ren Schwer­punkt auf die letz­ten zwan­zig Jah­re und eine Hand­voll jun­ger, im Ver­gleich zu den eben­falls aus­ge­stell­ten Alt­meis­tern des 20. Jahr­hun­derts eher unbe­kann­ter Künst­ler erscheint die Aus­stel­lung erstaun­lich frisch. Fer­ner ver­stün­de sich »Kom­pass«, so die Macher der Schau, nicht etwa als Enzy­klo­pä­die der Zeich­nung, son­dern will ein »Pan­ora­ma« sein, das eine kla­re Linie her­aus­ar­bei­ten, aber auch den Blick nach rechts und links behal­ten will. Die Grund­ten­den­zen Figu­ra­ti­on, Col­la­ge und Assem­bla­ge sowie mini­ma­lis­ti­sche Abs­trak­ti­on zie­hen sich wie ein roter Faden durch die Aus­stel­lung und erlau­ben es, das so viel­fäl­ti­ge Medi­um Papier greif­bar zu machen.

 

»Kom­pass« wird sicher­lich von dem MoMA-Hype pro­fi­tie­ren, der seit der gro­ßen Gast­aus­stel­lung vor sie­ben Jah­ren noch immer nach­wirkt. Damit wird auch offen umge­gan­gen, doch ist frag­lich, ob v.a. das jun­ge Publi­kum, das Sie­ve­rich beson­ders anspre­chen möch­te, erneut für lan­ge Schlan­gen sor­gen wird. Die Schau hät­te es wegen ihrer künst­le­ri­schen Qua­li­tät alle­mal ver­dient. Den­noch, bezüg­lich Fra­gen zu Besu­cher­zah­len hal­ten sich die Macher der Aus­stel­lung lie­ber bedeckt – das war jeden­falls die kla­re Ansa­ge noch vor Beginn der Pressekonferenz.

Boerg Vogt und Michał Samo­len­ko waren mit mir ges­tern zu Besuch im Mar­tin-Gro­pi­us-Bau und haben für Cas­tor und Pol­lux ein Inter­view mit Chris­ti­an Rat­te­may­er geführt – Anfang der kom­men­den Woche folgt das Video dazu!

Kommentare

  1. Dan­ke Euch für den gut recher­chier­ten und inter­view­ten Bei­trag. Man spürt die Lie­be dazu. Eva

  2. Vie­len Dank!
    Dafür schaue ich mich immer gern vor Ort um oder höre mir an, was die Macher zu sagen haben. Meist lohnt sich der (zeit­li­che) Auf­wand am Ende auch – etwa in Form sol­cher Beiträge. 🙂