»Cuprum« und »Aurichalcum« aus dem Triptychon »Phonurgia metallis«, © Jacob Kirkegaard
In diesem Blog habe bereits einige Male meinen Hang zu Soundinstallationen durchscheinen lassen, jedenfalls sind diese hier wohl überproportional vertreten. Künstler wie Janet Cardiff & George Bures Miller etwa sind der Grund, warum mich diese kleine Sparte der Gegenwartskunst so fasziniert. Da werden allein durch die Kraft des Klanges und die Eigenheiten des Raumes ungeahnte Atmosphären erschaffen, die mit rein visuell kommunizierender Kunst selten erreicht werden.
Jacob Kirkegaard ist einer dieser Klangkünstler und gehört ganz nebenbei zu denen, die mich schon seit einiger Zeit besonders und auch nicht mehr loslassen. Anfang des Jahres empfahl ich bereits seine Soundinstallation »Haus der Mahre« im KW Institute und nun hat mich eine weitere seiner einzigartigen Klangarbeiten begeistert:
Für »Phonurgia metallis« nutzt er hauchdünne Metallplatten, um die Resonanz des Raumes einzufangen und hörbar zu machen. Ergebnis sind überwältigende Klangsphären, die sich dem Raum und seinen Schwingungen anpassen. Mehr dazu, natürlich auch Klangbeispiele gibt’s nach dem Klick.
»Phonurgia metallis«, © Jacob Kirkegaard
Das Prinzip der ein Meter messenden, quadratischen Metallplatten ist so simpel, wie genial: Neben der minimalen Eigenschwingung nehmen die Platten auch Luftschwingungen im Raum auf, welche durch angebrachte Kontaktmikrophone erfasst und dann verstärkt werden können. Die so erzeugten Klänge werden zurück auf die Platte übertragen, die dadurch als Kontaktlautsprecher dient und sich wiederum per Resonanz selbst beeinflusst. Kleinste Änderungen der Luftschwingungen im Raum, etwa durch umhergehende Besucher können damit also in eine Klangform übertragen und wiedergegeben werden.
Das Erstaunliche daran: Die nur 1mm dünnen Metallplatten unterscheiden sich in Abhängigkeit des verwendeten Metalls. Eisen etwa erzeugt relativ hohe Sinustöne, Kupfer einen recht dunklen Klang und Messing wiederum liegt irgendwo dazwischen:
Kupfer (»Cuprum«) beispielsweise klingt folgendermaßen:
[audio:http://www.castor-und-pollux.de/img/1008/cuprum.mp3]Messing (»Aurichalcum«) wiederum gänzlich anders:
[audio:http://www.castor-und-pollux.de/img/1008/aurichalcum.mp3]»Ferrum«, © Jacob Kirkegaard
Eisen (»Ferrum«):
[audio:http://www.castor-und-pollux.de/img/1008/ferrum.mp3]Diese Klanggebilde lassen sich als akustischer Spiegel des Raumes verstehen, in dem sie entstehen. Nicht nur, dass die polierten Metallplatten einen visuellen Hinweis darauf geben, die Natur der Klangerzeugung in »Phonurgia metallis« gibt dies ebenfalls wieder. Dadurch, dass selbst geringe Luftströme und unterschwellige Geräuschquellen mittels der Metallplatten verstärkt und resoniert werden können, ergibt sich ein interaktive Klanginstallation, die allein das verarbeitet, was um sie herum abläuft.
Dennoch stehen auch die Eigenschaften der Platten selbst im Vordergrund: Die spezifischen Material- und Schwingungseigenschaften der verschiedenen Metalle führen zu höchst unterschiedlichen Mustern, die etwa für Kupfer einen gleichmäßigen, gedämpften Klang, für Messing dagegen ein zyklisch anschwellendes Geräusch beinhalten. Der Künstler selbst bezieht sich hierin auf die historische Lehren der Phonologie, die jedem Element, jedem Körper einen eigenen akustischen Charakter zuweisen, der ihnen innewohnen soll.
Interessanter finde ich jedoch den Gedanken, dass (in »Phonurgia Metallis«) das Abbild vom Spiegel, nicht etwa vom Abgebildeten abhängt. Obgleich jede der drei Metallplatten sich im selben Raum befindet, also nach einfachem Verständnis alle dasselbe wiedergeben müssten, unterscheiden sich doch die Klänge stark voneinander. Eine unsichtbare und auch unbeeinflussbare Komponente des Systems entfaltet hier eine Wirkung, die maßgeblich über das Ergebnis entscheidet.
Gibt es womöglich gar keinen Spiegel, der keinen Einfluss auf die Reflektion nimmt, der nicht in die Entstehung des Abbildes eingreift? Wieviel dessen, was ein Spiegel jeglicher Art generiert, deckt sich mit dem, was zuvor Vorlage war? Kirkegaards »Phonurgia metallis« legt zumindest nahe, dass diese Aspekte nicht zu vernachlässigen sind.