Kein Vernissage-Sekt mehr in Berlin?

01. April 2010 von Matthias Planitzer
Eine typische Vernissage: mit dem Sekt in der Hand posieren für die Kamera (via) Den Mythos des Künstlers umgibt die heilige Aura eines eigenbrötlerischen Freigeistes, der sich nimmt, was ihm gefällt, und gibt, was ihm gerade gut genug dünkt, um für das Publikum herhalten zu können. So oder so ähnlich wird der Pathos des Künstlers jedenfalls gern dargestellt. Dieses Bild dürfte jetzt wohl wieder einigen Berliner Galeriegängern in den Geist kommen, wenn sie von den neusten Begehren der Berliner Künstler hören. Diese ließen nämlich von gewerkschaftlicher Seite eine Forderung an den Berliner Galerienbund ausrichten und berichten folgendermaßen: [...] daher treten wir an alle Berliner Galerien, staatliche wie private, organisiert im Berliner Galerienbund, heran und fordern, dass die Kunst wieder im Mittelpunkt steht. Wir sind es leid, dass Ausstellungseröffnungen mehr von der Vorstellung eines neuen Geschäftsmodells als von einer Kunstveranstaltung haben. Wir sind es leid, dass wir Künstler auf den Vernissagen als bloße Handelsware angesehen werden, und wir sind es leid, dass Kunst zum reinen Konsumobjekt verkommt. [...] Daher fordern wir, dass fortan Sektempfänge und kalte Buffets nicht mehr integraler Bestandteil einer Berliner Vernissage sein dürfen, dass die Besucher nicht mehr dazu angehalten werden, von Vernissage zu Vernissage zu tingeln um hier und da Prosecco zu genießen. Wir missbilligen diese Alles-kostenlos-Mentalität, die sich in manchen Teilen des Berliner Publikums breit gemacht hat, [...]

Eine typische VernissageEine typi­sche Ver­nis­sa­ge: mit dem Sekt in der Hand posie­ren für die Kame­ra (via)

Den Mythos des Künst­lers umgibt die hei­li­ge Aura eines eigen­bröt­le­ri­schen Frei­geis­tes, der sich nimmt, was ihm gefällt, und gibt, was ihm gera­de gut genug dünkt, um für das Publi­kum her­hal­ten zu kön­nen. So oder so ähn­lich wird der Pathos des Künst­lers jeden­falls gern dar­ge­stellt. Die­ses Bild dürf­te jetzt wohl wie­der eini­gen Ber­li­ner Gale­rie­gän­gern in den Geist kom­men, wenn sie von den neus­ten Begeh­ren der Ber­li­ner Künst­ler hören. Die­se lie­ßen näm­lich von gewerk­schaft­li­cher Sei­te eine For­de­rung an den Ber­li­ner Gale­rien­bund aus­rich­ten und berich­ten folgendermaßen:

[…] daher tre­ten wir an alle Ber­li­ner Gale­rien, staat­li­che wie pri­va­te, orga­ni­siert im Ber­li­ner Gale­rien­bund, her­an und for­dern, dass die Kunst wie­der im Mit­tel­punkt steht. Wir sind es leid, dass Aus­stel­lungs­er­öff­nun­gen mehr von der Vor­stel­lung eines neu­en Geschäfts­mo­dells als von einer Kunst­ver­an­stal­tung haben. Wir sind es leid, dass wir Künst­ler auf den Ver­nis­sa­gen als blo­ße Han­dels­wa­re ange­se­hen wer­den, und wir sind es leid, dass Kunst zum rei­nen Kon­sum­ob­jekt verkommt.
[…] Daher for­dern wir, dass fort­an Sekt­emp­fän­ge und kal­te Buf­fets nicht mehr inte­gra­ler Bestand­teil einer Ber­li­ner Ver­nis­sa­ge sein dür­fen, dass die Besu­cher nicht mehr dazu ange­hal­ten wer­den, von Eröff­nung zu Eröff­nung zu tin­geln um hier und da Pro­sec­co zu genie­ßen. Wir miss­bil­li­gen die­se Alles-kos­ten­los-Men­ta­li­tät, die sich in man­chen Tei­len des Ber­li­ner Publi­kums breit gemacht hat, […]

In einem ähn­lich har­schen Ton liest sich auch der Rest der Pres­se­mit­tei­lung. Aller­dings ent­hält sie auch viel Wah­res, schien auf den Ver­nis­sa­gen Ber­lins doch oft­mals Pro­sec­co und Cham­pa­gner wich­ti­ger als die aus­ge­stell­te Kunst. Ob sich eine »Alles-kos­ten­los-Men­ta­li­tät« bereits in die­sem Umfang ein­ge­stellt hat, ist frag­lich, man kann jedoch nicht die Augen davor ver­schlie­ßen, dass in der Tat nicht weni­ge Besu­cher nach dem zwei­ten Glas Sekt auch schnell wie­der verschwinden.

Was die Kom­mer­zia­li­sie­rung der Kunst angeht, kann ich selbst nicht viel zu sagen. Man muss zwar sehen, dass Gale­rien i.d.R. als Ver­kaufs­räu­me gedacht sind, den­noch habe auch ich manch­mal das Gefühl, dass Gale­ris­ten sich mehr als Ver­kaufs­agen­ten denn als Kura­to­ren ver­ste­hen. Wenn Kunst also zur »blo­ßen Han­dels­wa­re« ver­kommt, dann ist das eine sehr bedau­er­li­che Entwicklung.

Eine Reak­ti­on des Ber­li­ner Gale­rien­bun­des wie eines sei­ner Mit­glie­der steht mei­nes Wis­sens nach aus, zumin­dest liest man in den ein­schlä­gi­gen Maga­zi­nen und News­let­tern noch nichts davon. Die Lage dürf­te jedoch ange­spannt sein, wel­cher Gale­rist möch­te es sich schon gern mit der gesam­ten Ber­li­ner Künst­ler­schaft ver­scher­zen? Nur weni­ge haben ein Port­fo­lio, dass auf Ber­li­ner Kunst ver­zich­ten kann. Denn wie schon bemerkt, Kunst ist eine Wirtschaftsbranche.

Ein Kli­ma­wech­sel in der Ber­li­ner Gale­rien­land­schaft scheint gar nicht so unver­nünf­tig und wer weiß: Viel­leicht hat ja die »Alles-kos­ten­los-Men­ta­li­tät« bald ein Ende?

 

P.S.: Soeben erreich­te mich eine Mail der Lucas Car­ri­e­ri Art Gal­lery, in der es heißt:

Der Künst­ler He Jun­yan wird bei der Ver­nis­sa­ge anwe­send sein und eine Rede zu sei­nem Werk hal­ten. Dazu wer­den Cock­tails-Buf­fet gereicht.

Wir wür­den uns freu­en Sie zu die­sem Anlass bei uns in der Gal­lery begrü­ßen zu dür­fen und bit­ten Sie uns Ihr Kom­men zu bestätigen.

Es möge jeder selbst urtei­len, wel­chen »Anlass« er hier zum Kom­men sieht…

Kommentare

  1. Ich fin­de ja dass sie recht haben, dass Kunst kein Kon­sum­ob­jekt wer­den soll, aber man kann die Leu­te auch nicht an Kunst inter­es­sie­ren, nur weil man ihnen den Sekt wegnimmt.

  2. als even­tu­el­ler kom­men­tar zum thema
    http://www.pussyimploder.com/2010/640/

    bg
    pi