Grund genug, Zach zu einem Interview zu bitten, in dem er nicht nur über sich und seine Kunst im Allgemeinen, sondern auch über »The Hyper Stumps« und seine Liebe zur Natur spricht. Wer statt dem Interview im englischen Original lieber die Übersetzung lesen möchte, der fahre fort.
Ich: Hallo und vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses kleine Interview genommen hast!
In den Vereinigten Staaten sind du und deine Kunst ja schon eine ganz Weile bekannt — magst du dich vielleicht den deutschen Lesern kurz vorstellen?
Zach: Ich bin Zach Johnsen. Ich bin ein Künstler, Zeichner und Designer, der derzeit in Portland, Oregon an der nord-westlichen Pazifikküste wohnt. Man kennt mich vor allem für meine wilden, mit Stiften gezogenen Linien und die Aquarellzeichnungen, obwohl ich auch viele andere Mittel wie etwa Acrylfarben, Bleistifte, Gouache vor allem auf Papier, aber auch auf Holz und Leinwand einsetze. Ich liebe es zu zeichnen und eigentlich ist es die Basis von fast allem, was ich so tue.
»Life under the Powerlines«, © Zach Johnsen
Ich: Du bist nun schon seit ein paar Jahren ein vielbeachteter Zeichner, hast für bekannte Skateboard- und Snowboardhersteller und einige andere bekannte Marken Designs entworfen und bist auch künstlerisch an deiner eigenen T‑Shirt- und Bekleidungsfirma »Tank Theory« beteiligt — alles mit deinem ganz eigenen Stil versehen. Wie schwer oder wie einfach ist es für dich, dich immer wieder selbst zu erfinden und dabei jedesmal deine persönliche Note einzubringen?
Zach: Wie so oft bei Auftragsarbeiten achte ich auf den Stil und das Feeling, den der Auftraggeber wünscht. Jedes dieser Projekte ist einzigartig, obwohl mir für gewöhnlich eine bestimmte Richtung vorgegeben ist, die mir dann dabei hilft, den richtigen stilistischen oder technischen Feinschliff einzubringen. Was meine eigene Firma Tank Theory angeht, denke ich mir für jede T‑Shirt-Kollektion ein passendes Motiv aus.
Zu jedem Thema stelle ich einiges an Recherche an und überlege, was ich damit auszudrücken versuche. Außerdem wird jedes Projekt, für das ich mit einer neuen visuellen Sprache beschäftige, dadurch zu einem von ganz allein zu einem einzigartigen Stück… dann mach ich mich sozusagen an die Arbeit, das Puzzle zu lösen. Es hilft mir, meine künstlerische Arbeit immer frisch und neu zu halten und doch jedes einzelne Werk ein wenig anders zu gestalten.
Ich: Deine Bilder und Zeichnungen erinnern mich oft an StreetArt Characters. Manchmal kann auch auf deinem Blog Fotos von Postern oder Stencils finden, die du in den Straßen einer teilweise ausgestorbenen Stadt nahe Pittsburgh entdeckt hast. Gibt es da einen näheren Zusammenhang?
Zach: Nun ja, ich habe mich für ein paar Jahre mit Graffiti beschäftigt, ich glaube schon, dass sich StreetArt irgendwie in meinen Stil eingeschlichen hat. Eine so große Verbindung besteht da aber nicht, ich würde mich jedenfalls nicht als StreetArtist bezeichnen. Trotzdem schätze es sehr und plane auch, demnächst mehr meiner Holz-Characters an die Öffentlichkeit zu bringen. Ich glaube, das könnte man dann vielleicht sogar als StreetArt betrachten.
»The Wanderer Series«, © Zach Johnsen
Ich: Deine Zeichnungen scheinen sich Stück für Stück aus der Motivation entwickelt zu haben, einfach zu schauen, was während des Entstehungsprozesses daraus werden mag. Gehst du nach einem bestimmten Plan oder Ansatz vor, wenn du mit nichts als einem weißen Blatt Papier beginnst?
Zach: In der Tat. Ich fange zu allererst mit einer Idee an… eine Geschichte, die ich erzählen will. Für gewöhnlich habe ich ein Foto oder eine Erinnerung als Bezug zu einem Teil der Hauptidee und da setze ich auch meist an — ich skizziere dann den groben Umriss dieses Elements und auch die kompositorischen Anteile. Sobald das getan ist, werfe ich mit ein paar weichen, hellen Farben herum und fülle es aus… Dann knüpfe ich daran an, bilde es mehr heraus und baue erst wirklich die Dramatik und Tiefe der Linienarbeit auf. Von da an gestalte ich das Werk Stück für Stück weiter aus, füge mehr Farbe, mehr Details mit Stift oder Bleistift hinzu… Zuletzt arbeite ich noch mit Gouache ein paar Details aus bis ich das Gefühl habe, dass ich fertig bin. Manchmal aber bin ich mir nie so sicher, wann ich denn eigentlich fertig bin… In dem Falle arbeite ich so lange bis ich den Punkt erreiche, an dem ich denke, dass jeder weiter Schritt zu viel wäre. Und damit ist die Arbeit dann fertig.
»Welcome to the Neighborhood«, © Zach Johnsen
Ich: Ich war ein wenig überrascht, als ich zum ersten Mal »The Hyper Stumps« sah; schließlich ist es, soweit ich weiß, deine erste oder zumindest die erste Installation, die du auf deiner Webseite zeigst. Was hat dich schlussendlich dazu gebracht, es einmal mit einer Installation zu versuchen?
Zach: Eigentlich war die wahrscheinlich erste Installation, die ich erstellt habe, »Welcome to the Neighborhood« aus dem Jahre 2007, die in der Foundation One Gallery in Atlanta, Georgia zu sehen war. Sie bestand zum größten Teil aus meinen Figuren in Lebensgröße und war aus Sperrholz gefertigt. Das war das allererste Mal, dass ich meine Werke aus der Ebene in den Raum überführte. The Hyper Stumps ist allerdings ein weiterer Schritt meiner Installationskunst.
Im Grunde gewinne ich mich mehr und mehr Gefallen daran, meine Zeichnungen ins Räumliche zu überführen. Die Inspiration für dieses Werk war der Nordwesten der USA, wo ich vor kurzem erst hingezogen bin und wo auch die Natur sehr schön ist, die jedoch durch Kahlschlag zerstört wurde und wird, um Holz zu gewinnen; auch um dem Bedarf an Wohnrarum unserer Gesellschaft gerecht zu werden. Das Holz für die Installation habe ich an der Küste Oregons gesammelt, wo ich große Stücken Treibholz ergattern konnte, sie trocknete, abschliff und sie ganz in weiß anstrich. Ich wollte, dass die Baumstümpfe so aussehen, als wären sie eben erst abgeschlagen worden und dass die natürliche Energie des Holzes noch immer an der Schnittstelle sichtbar wäre. Ich war mit dem Endprodukt sehr zufrieden, besonders wie es im Kontrast zum mattgrauen Boden der Galerie aussah.
Ich: »The Hyper Stumps« folgt einem eher subtilen Ansatz. Würdest du sagen, dass es eher deine Bilder bereichert und ihre Aussage ergänzt oder siehst du es als eigenständiges Werk an?
Zach: Es ist auf jeden Fall ein Beitrag zu der fortlaufenden Geschichte, die meine Arbeit erzählt, nur in einer anderen Form.
»The Hyper Stumps«, © Zach Johnsen
Ich: Baumstümpfe tauchen in deinen Arbeiten immer wieder auf und gehören mittlerweile zu den Elementen, die du regelmäßig nutzt. Welche Bedeutung haben sie?
Zach: Seitdem ich sehr jung war habe ich eine starke Bindung zur Natur. Ich bin in den Wäldern im Norden der USA, sehr nah zu Kanada, aufgewachsen, wo Bäume zu meinem Garten und meinen Spielplatz einfach dazugehörten. Von früh an trug es dazu bei, einen tiefen Respekt für die Natur zu kultivieren, nicht nur wegen ihrer Schönheit oder heilenden Wirkung, sondern auch wegen ihrer Rolle, uns als Menschen zu unterstützen und zu versorgen. Alles, was wir haben, kommt von der Erde, die wir bewohnen, also verdient sie auch unseren Respekt… Es ist schon fast so etwas wie eine Art Glaube für mich. Daher stellen gefällte Bäume und Baumstümpfe in meinen Werken so etwas wie Teufelswerk dar — einfach für achtlose Menschen, die hastig und voreilig alles abbauen, was die Erde erschaffen hat.
Mir ist klar, dass die meisten Bäume gefällt werden müssen… um Holz, Papier oder all die anderen Dinge daraus gewinnen zu können, die wir Tag für Tag brauchen.
Sobald die Menschen Bäume fällen und diese Energie verletzt wird, kommen kleine Geister und Ghule zum Vorschein… das ist auch der Ursprung vieler meiner Figuren.
Ich: Wo wir von Geistern und Ghulen reden: Viele deiner Characters scheinen böse oder wütend zu sein. Das erinnert mich sehr an einige der Filme von Hayao Myazaki, der solche Figuren auf eine ziemlich eindrucksvolle Weise eingesetzt hat, um den Zorn der Natur auf die Menschheit darzustellen.
Mit deiner Einstellung zu Waldrodungen im Hinterkopf scheint es, dass neben menschlicher Sünde und Bosheit im Allgemeinen unser Umgang mit der Umwelt eines der Hauptthemen deiner Arbeiten ist. Hast du das Gefühl, dass die Leute dich als jemanden schätzen, der mit dem Finger auf Umweltprobleme zeigt? Oder glaubst du, dass die meisten deiner Bewunderer deine Kunst wegen nur wegen ihrer schönen Farben, Ideen usw. mögen — ähnlich wie das, wofür Miyazakis Filme geachtet werden?
Zach: Ich denke auf jeden Fall, dass einige Leute sich für die Umweltprobleme interessieren, die meine Arbeit untersucht, aber nur jene, die mich via E‑Mail darauf ansprechen oder mit denen ich auf den Austellungen rede und mich auch tatsächlich fragen, worum es in den Werken geht.
Andererseits denke ich, dass die meisten Leute tatsächlich leider nur die Farben und die Energie der Arbeiten schätzen… was auch in Ordnung ist! Ich möchte aber auf jeden Fall, dass die Werke mehr bedeuten als nur »hübsch« zu sein.
Ich: Wann wird das nächste Mal von dir zu hören sein?
Zach: Nun ja, ich befinde mich derzeit ein wenig im Winterschlaf, während ich an ein paar Aufträgen arbeite und versuche, für meine nächste Ausstellung Gelder aufzutreiben. Bald werde ich an einer neuen Serie von Zeichnungen und Bildern arbeiten, aber ich werde Bescheid geben, wenn es wieder ein ganzes Stück neuer Arbeiten zu zeigen gibt!
Ich: Danke für das Interview, Zach!
Mehr Infos über Zach Johnsen und seine Kunst gibt es hier:
- Immer sehenswert: seine Website www.zenvironments.com sowie das dazugehörige Blog.
- Das T‑Shirt-Label Tank theory, dessen Mitgründer und Mitdesigner er ist.
- Sein Online-Shop, der Drucke einiger seiner Zeichnungen bereithält.
- Zwei Interviews aus der Vergangenheit: im Format Magazine und bei Sour Harvest.
schöne sachen! Ich mag die Monster!