Dafür hat er rund 90 islam-kritische Werke, zumeist Gemälde, von 21 Künstlern gesammelt, die fast alle nicht nur aus dem Nahen Osten stammen, sondern auch dort wirken. So ist einer der Räume Kader Attias Installation »Ghosts« gewidmet. Betritt man diesen, so schaut man zunächst auf rund achtzig knieende Gestalten, eingehüllt in das Wegwerfmaterial Alu-Folie. Wagt man aber einen Blick in die Gesichter der andächtig Betenden, schaut man ins Leere, in das Innere eine wertlosen Hülle — eine eindrucksvolle Allegorie auf das Frauenbild so mancher arabischen Kultur.
Ohne Titel, aus der Serie »Like everyday«, © Shadi Ghadirian
Wenigstens ebenso aussagekräftig dürfte auch die Serie »Like everyday« der iranischen Künstlerin Shadi Ghadirian sein. Auf sieben großformatigen Fotografien zeigt sie verschleierte Frauen, jedoch nicht etwa in tiefschwarzen Gewändern, sondern in bunten und für arabische Verhältnisse wohl ziemlich modernen Stoffen. Ihre Gesichter jedoch verstecken sie hinter Haushaltsgegenständen wie einem Sieb, einem Besen oder einem Bügeleisen — und positionieren die Rolle der Frau somit irgendwo zwischen konservativen Gesellschaftsordnungen und selbstbewusster Emanzipation der Neuzeit.
Mit »Unveiled: New Art from the Middle East« dürfte Saatchi, der irakischstämmige Sohn jüdischer Eltern, also wieder einmal eine Ausstellung entworfen haben, die für viel Gesprächsstoff sorgen wird. Nicht nur auf Stimmen aus der Kunstszene oder dem Feuilleton, sondern auch aus den muslimisch geprägten Ländern wird man wohl nicht lange warten müssen. Dabei spricht die Sammlung nicht nur arabische Tabuthemen an. Viel wichtiger noch: Sie liefert einen kleinen Einblick in die zeitgenössische Kunst des Nahen Ostens; zwar nicht unbedingt einen repräsentativen, aber immerhin einen, der vermittelt, dass sie durchaus kritisch sein kann.
Was hältst du von der neuen Ausstellung der Saatchi Gallery? Mehr sensations-heischendes Management als künstlerisches Interesse? Eine längst überfällige Standpunktdemonstration? Oder eher ein verzerrter Blick auf die zeitgenössische Kunst der arabischen Welt?
* Als immer mehr Besucher Castor und Pollux über eine Sammlung von Kritiken auf www.saatchi-gallery.co.uk erreichten, habe ich mich entschieden, den Originalartikel ins Englische zu übersetzen.
Der Iran gehoert nicht zur »arabischen Welt«…es waere wuenschenswert, wenn der Westen mittlerweile diese alten Missverstaendnisse aus dem Weg raeumen wuerde. Es zeugt von Gleichgueltigkeit und Respektlosigkeit, wenn nicht einmal solche elementare Begriffe korrekt angewandt werden.
Ja, ich weiß, es müsste »persisch« lauten.
Allerdings habe ich auch nirgends geschrieben, dass der Iran zu Arabien oder zur arabischen Welt gehören würde. Und obwohl elf der Künstler dieser Austellung gebürtige Iraner sind, halte ich es für unangemessen, durchgängig von »persischer Kunst« zu reden oder gar stets von der »muslimischen Welt« zu sprechen, denn beides sind noch »falschere« Begriffe.
Man kann halt nicht 21 Herkunftsbezeichnungen gerecht werden, da muss man nunmal zugunsten der Lesbarkeit Abstriche machen. Ich denke, eine viel bessere Lösung wird es auch nicht geben.